Page 23 - Spielfeld_September_2020
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SPIELFELD TSG HOFFENHEIM 23
  Wie lautet denn Ihre Zielsetzung? Gibt es eine bestimmte Platzierung, die Ihnen vorschwebt? „Ziele sind sinnvoll und ich glaube, dass man Ziele braucht, um auf sie hinzuarbeiten. Aber die Ziele dürfen auch nicht zu weit weg sein. Deswegen halte ich von diesen Saisonzielen tatsächlich nicht viel. Und zwar nicht, um mich oder die Mannschaft zu schützen, sondern weil es uns nicht hilft. Ich glaube, es sollten greifbare Ziele sein für uns als Team. Ziele, die man kurzfristig erreichen kann, um sich dann als Gruppe wieder neue Ziele zu setzen. Das kann etwa in Trainingseinheiten das Spiel gegen den Ball, das Verhalten in bestimmten Situationen oder Abstände sein.“
Und im Spiel?
„So blöd es sich auch anhört: Es muss unser Saisonziel sein, in jedem Spiel alles rauszuhauen, was in diesem Moment möglich ist. Danach kön- nen wir erhobenen Hauptes vom Platz gehen und sagen: ‚Okay, wir haben wirklich alles investiert.‘ Das ist dann auch unabhängig vom Ergebnis. Ich glaube ganz fest daran, dass du die Erfolgswahr- scheinlichkeit enorm erhöhst, wenn du wirklich mit dieser Haltung in Spiele gehst. Das ist etwas anderes als nur zu sagen: ‚Okay, wir wollen immer gewinnen.‘“
Also lösen von rein tabellarischen Zielen ...
„Nur ein Beispiel: Wenn du im Frühjahr im Viertelfinale der Europa League stehst, dann sagst du natürlich: ‚Hey, jetzt sind wir hier. Jetzt wollen wir auch ins Halbfinale.‘ Dann ist es ein greifbares Ziel. Aber es muss doch darum gehen, an kurzfristigen Zielen zu arbeiten, jeden Tag, in jedem Training. Wenn du diese einzelnen Ziele erreichst, wirst du mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreicher werden. Ich weiß, dass es für Medien immer schön ist, irgendwas öffentlichkeitswirksam rauszuhauen. Aber das bin nicht ich und es hilft selten. Natürlich hat der Klub
aufgrund der erfolgreichen Jahre in der jüngeren Vergangenheit ein gewisses positives Selbstver- ständnis entwickelt. Im besten Fall entspringt daraus Selbstvertrauen. Und natürlich werden wir immer ehrgeizig und ambitioniert sein.“
Zum Auftakt müssen Sie dabei aufgrund der Co- rona-Pandemie auf Zuschauer, auf die typische, prickelnde Stadion-Atmosphäre verzichten. Wie sehr schmerzt das?
„Natürlich ist eine andere Intensität, andere Emoti- onen, wenn Fans dabei sind. Es ist einfach schade, dass wir in Köln oder Frankfurt und dann vor allem zu Hause gegen Bayern und Dortmund nicht in einer ausverkauften Arena spielen können. Das wird allen nochmal richtig weh tun: Finanziell für den Verein, sportlich für das Team und emotional natürlich auch für die Fans. Es ist in vielerlei Hinsicht bitter und einfach zum Heulen, aber wir müssen das Beste daraus machen. Wir müssen die Situation jetzt an- nehmen, wie sie ist. Wir haben keine Möglichkeit, darauf einzuwirken.“
Der Job als Bundesliga-Coach der TSG ist sicher der vorläufige Höhepunkt Ihrer Karriere. Wann aber hat Sebastian Hoeneß überhaupt gewusst, dass er Trainer wird?
„Da gibt es nicht diesen einen Tag, das hat sich entwickelt. Irgendwann war absehbar: Okay, es wird als Spieler jetzt nicht mehr die große Bun- desliga-Karriere. Ich wollte dem Fußball dennoch verbunden bleiben. Das ist meine Leidenschaft. Ich hatte während meiner aktiven Karriere bereits den ersten Trainerschein gemacht. Es hat sich gut angefühlt und irgendwann habe ich gesagt: ‚Komm, ich probiere es.‘ Es hat mir gefallen und offenbar habe ich es nicht so schlecht gemacht. (lacht) Aber, dass ich jetzt der Natural-Born-Trainer war, der schon mit 13 Jahren wusste, dass er Coach wird – das wäre gelogen.“
























































































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