Page 21 - Spielfeld_September_2020
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 SPIELFELD TSG HOFFENHEIM 21
  „Auch wir Trainer können unsere Emotionen ausleben“
Trainer leben ihre Emotionen am Seitenrand oftmals aus – dennoch ist die Leidenschaft streng reguliert und wird vom vierten Offiziellen beobachtet. Somit können die Emotionen der Trainer nicht so unkontrolliert nach außen tre- ten, wie beim Fan auf der Tribüne oder auf dem Sofa. Auch als Spieler hat man allein durch die körperliche Anstrengung ganz andere Ventile. Sebastian Hoeneß bereitet die Kontrolle der Emotionen aber keine großen Schwierigkeiten: „Es ist schade, dass man die Ereignisse auf dem Rasen eigentlich nur noch rational und analytisch betrachtet. Andererseits gibt es auch Trainer, die sind sehr emotional unterwegs. Aber ich glaube, dass es in dem Fall nicht sehr viel bringt, Entwick- lungen nachzuweinen. Ich glaube, dass wir einen außergewöhnlichen Job haben, der auch sehr viel Positives mit sich bringt“, sagt er und geht ins Detail: „Wir können ja Emotionen ausleben. Wir können uns freuen, wenn wir gewinnen oder gute Aktionen haben. Und dann aber auch verärgert oder traurig sein, wenn wir Spiele verlieren. Wir haben diese Extreme, die teilweise sehr kräfte- zehrend sind, aber die das Leben auch lebenswert machen. Das ist ja, was ein Fan so liebt an diesem Sport. Wir können zwar nicht eine Woche lang unserem Nachbarn erzählen, wie geil das Spiel war, weil wir dann leider schon am nächsten Tag die Partie nachbereiten und uns auf den nächsten Gegner vorbereiten. Aber genießen können wir Erfolge dennoch sehr.“ Dass die Fan-Emotionen durch die analytische Sicht auf die Spiele weniger geworden sind, findet Hoeneß zwar „schade“, der Blick durch die Trainerbrille bietet ihm aber ganz neue, mittlerweile extrem wertgeschätzte Eindrücke: „Je jünger ich war, desto mehr Fan war ich. Irgendwann ist man selbst in dem Geschäft. Und leider wird man dann weniger Fan. Klar war es schön, mit 16 sehr emotional ein Fußballspiel zu schauen, sich mitzufreuen und mitzufiebern. Das hat Spaß gemacht, aber das Schöne ist jetzt, dass ich die Emotionen nun aus einer anderen Position heraus ausleben und sogar Einfluss nehmen kann. Die früheren Emotionen kann ich daher nicht mehr entwickeln, wenn ich ein ande- res Fußballspiel sehe. Da habe ich zwangsweise auch den Trainerblick und achte auf taktische Dinge. Aber die wirklichen Emotionen, wie ich sie damals als Fan gespürt habe, die spüre ich jetzt als Trainer in einer ähnlichen Intensität: als Fan meiner eigenen Mannschaft.“
 Der neue Mann an der Seitenlinie: Sebastian Hoeneß
Und wo verorten Sie da die TSG Hoffenheim?
„Ich habe mich einfach auf die Mannschaft gefreut, weil es ein sehr spannender Kader ist. Ich habe schon früher, wenn ich Spiele der TSG gesehen habe, immer gedacht, dass es eine interessante Mannschaft ist. Dieser Eindruck hat sich bestätigt. Es ist ein Team, das mit viel Intensität, Herz und Emotionen Fußball spielt. Es ist eine Mannschaft, die sehr offen ist, auch für neue Ideen. Ein Team, das sehr angenehm zu führen ist, weil es einfach viele positive und sympathische Persönlichkeiten sowie Charaktere gibt. Es herrscht ein sehr positiver Spirit innerhalb der Mannschaft. Das macht das Arbeiten für einen Neueinsteiger natürlich einfacher.“
Eine Veränderung für die Mannschaft könnte, so sieht es aus, die Umstellung auf ihr bevorzugtes System – die Viererkette – sein.
„In den vergangenen Jahren spielte die TSG meistens mit Dreier- oder Fünferkette, aber auch die Vierer- kette wurde häufiger praktiziert. Und trotzdem geht es – unabhängig von der Grundformation – darum, eine neue Idee zu implementieren, die vom grund- sätzlichen Ansatz nicht weit weg ist von dem, was die Mannschaft erfolgreich gemacht hat. Da sprechen wir dann wieder über eine Philosophie, über grund- sätzliche Prinzipien. Grundsätzlich ist es so, dass wir mitten in dem Prozess sind, eine Idee zu imple- mentieren. Wir sind erst in der Anfangsphase. Ich sehe da bereits eine Entwicklung. Und trotzdem gibt es auch da noch Dinge, die wir besser machen wollen, die immer wieder eingeübt werden müssen. Das ist ein fortlaufender Prozess.“



























































































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