Page 60 - Spielfeld_Februar_2020
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Dabei hat sie sozusagen noch ein zweites Fuß- ball-Leben, wo sie deutlich stärker im Rampenlicht steht als bei der TSG, was aber in Deutschland kaum jemand mitbekommt. In Österreich ist die Tirolerin, die in der Grenzstadt Kufstein geboren wurde, nämlich recht populär. Im Dezember wur- de sie zu Österreichs Fußballerin des Jahres 2019 gewählt. „Ich habe mich riesig gefreut, weil es eine große Ehre ist, auch eine große Wertschätzung und irgendwie noch einmal etwas Besonderes“, sagt sie. Dass Billa in ihrer Heimat einen deutlich höheren Bekanntheitsgrad besitzt als im Kraichgau, liegt daran, dass sie auch in der Nationalmannschaft sehr erfolgreich ist. Das sportliche Highlight erlebte die Stürmerin, die mit 17 ihr erstes A-Länderspiel machte, bei der Europameisterschaft 2017 in den Niederlanden, als die Österreicherinnen sensationell den dritten Platz belegten. Die ganze Nation lag wegen der Austria-Frauen im Fußball-Fieber, was bei den Männern zuletzt wohl 1978 der Fall war. „Es haben sich Leute interessiert, die sonst nie Fußball geguckt haben. Das war ein schönes Gefühl, Leute zu begeistern, die sonst gar nichts mit dem Fußball am Hut hatten“, erinnert Billa sich. Und sie selbst, die mittlerweile auf 26 Treffer in 58 Länderspielen kommt, trug mit ihren Topleistungen zur Begeis- terung bei. Beim 1:1 im Gruppenspiel gegen den Favoriten Frankreich wurde sie von der UEFA zur besten Spielerin gekürt.
Vielleicht kann sie auch in der nächsten Saison mit ihren TSG-Mitspielerinnen auf internationalem Par- kett mitspielen. Die Teilnahme an der Champions League wäre als Vizemeister möglich. „Das wäre eine coole Erfahrung, mit St. Pölten habe ich sie
schon gemacht. Für uns ist es zu früh, darüber zu reden“, betont sie. Für das große Ziel will sie weiter als TSG-Sturmspitze vorneweg marschieren, robust und völlig angstfrei, weil sie vom Kickboxen einiges gewohnt ist. „Fußball ist meine Lebenseinstellung“, hat sie in einem Interview einmal erklärt. Was die 23-Jährige anfasst, macht sie konsequent. Und nicht nur im Sport und im Beruf. Beim Interview-Termin erzählt sie, dass sie vieles selbst macht mit ihrer Werkzeugsammlung, auch alle möglichen Repara- turen, zum Beispiel an ihrer Oldtimer-Vespa, wenn mal wieder die Zündkerzen zu wechseln sind. Nicole Billa ist einfach so, sagen alle, die sie gut kennen. Freundlich, unkompliziert, gerade heraus geht sie ihren eigenen Weg.
Und was hat sie noch alles vor? Ihr Vertrag bei der TSG läuft bis Juni 2021. Für die großen Klubs aus England, Spanien und Frankreich wäre die Torjägerin eine interessante Spielerin. „Wenn alles passt, ist das vorstellbar, aber aktuell nicht“, erklärt Billa. Im Ausland spiele sie ja jetzt schon. Und die Rhein-Neckar-Region sei ihr zur „zweiten Heimat geworden“, sagt sie. „Es gibt viel Tradition und Feste wie bei uns.“ In St. Leon lebt sie mit den TSG-Kol- leginnen Katharina Naschenweng, die ebenfalls eine österreichische Nationalspielerin ist, und der Schweizerin Luana Bühler in einer Drei-Frauen-WG. Auch ihr Leben außerhalb des Fußballs und des Kindergartens in St. Leon-Rot ist nahezu perfekt. „Die Umgebung und Natur sind schön, man ist auch schnell in der Stadt“, zählt sie auf. Eigentlich hat die Frau, die mit 15 Jahren ihr Heimatdorf Angerberg verließ, um die Fußballwelt zu erobern, alles. „Nur die Berge fehlen.“
VEREIN





























































































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