Page 52 - Spielfeld_Maerz_2019
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DER
HEISSE
STUHL
In der TSG Akademie werden die Spieler der U19 und der U23 auch im Umgang mit den Medien geschult. SPIELFELD hat beobachtet, wie es dabei zugeht.
Nicolas Wähling ist konzentriert, auch diese Heraus- forderung muss gemeistert werden. Er ist gerade vom Training der Profis gekommen, da hat er eine gute
Figur gemacht, obwohl er eigentlich Stammspieler in der Regionalliga-Mannschaft der TSG Hoffenheim ist. Jetzt aber muss der Offensivspieler von „Hoffe zwo“ auf den heißen Stuhl. Jan Zurheide, einer der beiden Medienbeauftragten der TSG Akademie, nimmt den 21-Jährigen gleich ins Verhör. Der Termin im Besprechungsraum des U23-Gebäudes am Trainingszentrum in Zuzenhausen heißt „Medienschulung“. Heute ist Nicolas dran, etwa 20 Spieler, alle in Einzelstunden, haben diese spezielle Übung schon absolviert.
Nicolas Wähling sitzt hinter einem Tisch, vor ihm ist ein Mikrofon aufgebaut, eine Filmkamera hat ihn ins Visier genommen. Jan Zurheide legt los. Er triezt den Rechts- außen mit provokanten Fragen, wie sie von Journalisten gern gestellt werden, um Antworten zu bekommen, die sich für knackige Schlagzeilen wie „Spieler kritisiert seinen Trainer“ eignen würden. Aber Nicolas lässt sich nicht hinreißen, über seine Trainer schlecht zu sprechen. Er verrät auch nicht, wie genau er seine Zukunft nach dem Saisonende plant. Dass er mit seiner Torquote in diesem Jahr hinterherhinkt, weist er charmant und lächelnd zurück. „Du warst echt gut. Du hattest eine gute Ausstrahlung und hast fast ein bisschen zu viel ge- lächelt“, sagt Zurheide, als er zusammen mit Wähling anhand der Videoaufzeichnung den Gesichtsausdruck während des Interviews und vor allem die Aussagen analysiert. „Du hast routiniert, selbstbewusst und angemessen geantwortet. Das war das Wichtigste“, lautet das Resümee.
Jan Zurheide und Terence Träber, der Leiter der Öffentlich- keitsarbeit im Nachwuchsleistungszentrum der TSG, haben die Medienschulung im Herbst 2017 aus eigenem Antrieb aus
der Taufe gehoben. „Die Akademie vermittelt ganzheitliche Ausbildung, sportlich und beruf lich. Wir waren der Meinung, dass angehende Profis auch den Umgang mit den Medien lernen sollten“, sagt Träber. „Wir wollen sie auf die Situation vorberei- ten, einmal ins Rampenlicht zu treten“, erklärt Zurheide. Die beiden Kollegen erarbeiteten ein Konzept mit vier Modulen. In einem allgemeinen Teil erklären sie dem jeweils eingeladenen Spieler, wie Medien funktionieren und deren Arbeitsweisen. Dann wird gezielt auf die Gefahren und Chancen der Social- Media-Kanäle hingewiesen, wann sie nützlich sein können, aber auch, dass besondere Vorsicht geboten ist. Anschließend wird eine Interview-Situation theoretisch aufgearbeitet. Die Wichtigkeit der Ausstrahlung und der Körpersprache sowie mögliche Fragefallen der Journalisten werden thematisiert. Dem schließt sich die Praxisübung an. Sie ist die konkrete Interview-Simulation, wie sie Nicolas Wähling erlebt hat. Beim letzten Teil der Akademie-Medienschulung dreht sich dann alles um Pressekonferenzen. Den Spielern wird erklärt, welchen Sinn Pressekonferenzen haben, und gemeinsam mit einem der Akademie-Medienverantwortlichen besuchen sie anschließend eine Pressekonferenz mit Julian Nagelsmann vor einem Bundesliga-Spiel.
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