Page 79 - Spielfeld_Januar_2019
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  Kurator Dr. Alexander Sigelen hat auch ganz besondereSchätze in der Ausstellung, darunter die originale Stoppuhrdes früheren Bundestrainers Sepp Herberger (unten).
Die Technik ist es dann auch, die bei den Nachwuchs-Kommentatoren keinerlei Zweifel lässt: Kein Abseits verdeutlicht die Zeitlupe. Die Ausstellung beginnt weit vor der Slow-Motion- Kameratechnik und der Erfindung des Fußballs. Fast 2500 Jahre alt ist das älteste und wertvollste Exponat: eine Preisamphore, die Sieger der Panathenäischen Spiele in Athen, gefüllt mit Olivenöl, erhielten. „Die Wettkämpfe hatten damals einen religiösen Hintergrund, fanden zu Ehren der Göttin Athene statt“, erklärt Kurator Dr. Alexander Sigelen. „Heute ist der Fußball die Religion.“
So spielt er auch in fast jeder der insgesamt sechs Themenbereiche der Schau eine Rolle. Die Evolution des Fußballschuhs etwa, bei dem verschiedene Modelle eine Geschichte erzählen: vom knöchelhohen klobigen Lederstollenstiefel bis zum neongelben High-Tech-Fußballschuh von Kerem Demirbay, der aus einer Mikrofaser-Oberhaut und einer Nylon-Sohle besteht und gerade mal 120 Gramm wiegt – weniger als die meisten handelsüblichen Smartphones. Ebenso gravierend ist die Entwicklung der Fußbälle und deren Material: von der Schweinsblase bis zum wasserdichten Kunststoff. Und ob er drin war oder nicht, klärt in den Bundesliga-Stadien heute das „Hawk-Eye“, ein System aus verschiedenen Hochgeschwindigkeitskameras.
„Manchmal verschmelzen Körper und Sportgerät zu einer Einheit, beim Radrennen oder Rodeln zum Beispiel. Konstruktions- und Materialwissenschaften oder Erkenntnisse aus der Bionik greifen heute eng ineinander bei der Entwicklung von High-Tech-Geräten“, erklärt Sigelen. Besonders deutlich werde das beim Stabhochsprung, wo Glasfaserstäbe die aus Holz, Bambus, Aluminium und Stahl ablösten.
Technik schraubte die Rekorde in die Höhe: Das erste registrierte Ergebnis lag 1849 bei 3,15 Metern, aktuell beträgt der Weltrekord 6,16 Meter. Doch dem ewigen „Höher, schneller, weiter“ sind Grenzen gesetzt – beispielsweise durch das Reglement. Schwimmanzüge, deren Oberf läche die Haihaut imitiert, wurden als „technisches Doping“ verboten. Auch das phy- sische Doping ist Thema der Ausstellung: Die ersten Sünder im 19. Jahrhundert hatten vier Beine: Pferde. Die Zweibeiner folgten bald.
Die Anfänge des modernen Sports reichen zurück ins England des späten 18. Jahrhunderts, wo eine von Leistung und Rekorden ge- prägte Form körperlicher Wettkämpfe – sowie der Begriff „Sport“ – entstand. Zunächst war das eine Sache der männlichen Oberschicht, die sich ihre Zeit oft mit Cricket, Tennis, Rudern oder Pferderen- nen vertrieb. Neben dem Leistungs- prinzip gewann auch das Regelwerk immer weiter an Bedeutung. „Volkstümliche englische Fuß- ballspiele wurden seit dem Mittelalter zwischen Dörfern auf öffentlichen Straßen, Weiden, Feldern oder Plätzen ausgetragen und konnten vom Mor- gen bis zu Einbruch der Dämmerung dau-
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ern“, sagt Sigelen.

























































































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