Page 73 - Spielfeld_Dezember_2017
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    Er ist ein Odenwald-Patriot mit einer Vision – seit zehn Jahren arbeitet Benedikt Kuhn daran,ein„Äppler-Imperium“aufzubauen.
Mit Apfelwein in Dosen will er den Getränke- markt erobern. Und die Zeichen stehen gut: Zehn Millionen Dosen seines Unternehmens Bembel-With-Care wird er am Ende des Jahres verkauft haben und damit auf gut zehn Prozent Marktanteil am deutschen Apfelwein-Absatz kommen. Getrunken wird überall zwischen Flensburg und Weil am Rhein, zwischen Aachen und Frankfurt an der Oder. Doch die Landes- grenzen hat der 38-Jährige längst hinter sich gelassen: Seinen Odenwald-Äppler trinkt man in Russland, Spanien, Singapur, der Schweiz, Österreich, Kenia und den USA.
Begonnen hat die weltweite Expansion des hessischenNationalgetränksinMannheim:Dort
studierte der gebürtige Heppenheimer an der
Hochschule Design. Bei einer Seminararbeit wurde
die Idee geboren. Die Studenten sollten einem Produkt oder einer Marke auf die Sprünge helfen, die Schwächen aufwies. Die Leidenschaft für das Getränk war bei ihm schon immer da: „Es war einfach eine sehr günstige Alternative zum Bier. 50 Pfennig pro Liter. Unschlagbar.“ Viele seiner Freunde rümpften damals noch die Nase und in einem musste ihnen Kuhn recht geben: „Die Verpackung sah scheiße aus. Aber das Getränk war geil.“ Besonders „geil“ fand er den Apfelwein der Odenwälder Kelterei Krämer aus Reichelsheim.
Als Kuhn dort mit seiner Vision vorsprach, war das Famili- enunternehmen, das seit 1928 keltert, zunächst skeptisch. Krämers Apfelwein sollte in stylische Dosen gefüllt werden – Büchsen statt Flaschen oder Bembel – eine Marktneuheit. Kuhn war sich sicher: Tradition und Innovation gehen Hand in Hand. „Ich wollte das angestaubte Altherrengetränk ret- ten.“ Durch das moderne Design richtete Kuhn das Produkt an eine jüngere Zielgruppe, die so ein traditionelles, fast vergessenes Getränk wiederentdecken sollte. Nach dem Ende von Heinz Schenks Fernsehsendung „Zum blauen Bock“, die den Bembel einst populär gemacht hatte, ging es Ende der 80er-Jahre mit dem Äppler bergab – vielleicht mit Ausnahme der Apfelweinschänken in Frankfurt und Umgebung.
Krämer traute sich. Und es funktionierte. 2007 gründete Kuhn mit einem Studienkollegen Bembel-With-Care. Das Unternehmen war für Design und Vermarktung zuständig, die Kelterei für Inhalt und Vertrieb. Sitz des Startups war zu- nächst ein Hinterhof-Gebäude im Mannheimer Hafengebiet.
Das erste Produkt war 2008 ein Fünf-Liter-Fass, 2009 folgte die erste Dose, mit 0,5 Liter Inhalt. Und über den wird Kuhn nicht müde zu reden: „Unser Apfelwein ist ein reines Naturerzeugnis aus den Äpfeln Odenwälder Streuobstwiesen. Er wird nach alten, überlieferten Re- zepten aus Direktsaft hergestellt. Keine Konzentrate oder
Zusatzstoffe, kein Zucker und keine Süßungsmittel.“ Lediglich etwas Kohlensäure komme dazu.
Apfelwein mit einem Schuss Cola ist der Bestseller des Sortiments. 60 Prozent seiner Bembel-Gemeinde wählt die weiße Dose. Die restlichen 40 Prozent teilen sich der pure Apfelwein (schwarz), Äppler mit Tafelwasser (grün) und Apfelwein-Kirsch (rot). DieGeschmäckervariierenaber:InBerlingehtdie pure Variante am besten, im Rest Deutschlands eher die Cola-Version. Die Österreicher bevorzugen den Kirsch-Äppler, in den USA und Russland sei der „Pure“ als Zapfware besonders beliebt. Neben Apfelschaumwein, verkauft in mattschwarzen Flaschen, hat das Unternehmen im März dieses Jahres ein weiteres Produkt etabliert: Eis. Ge- meinsam mit der Monteleone Eismanufaktur aus Reichelsheim hat Kuhn ein Apfelwein-Sorbet unter dem Namen „Bembällchen“ auf den Markt
gebracht. Auch das laufe ausgesprochen gut.
Genau zehn Jahre sind inzwischen seit der Un- ternehmensgründung vergangen. „Ich war schon zu Beginn überzeugt, dass das Produkt Erfolg haben wird, aber mit diesem krassen Hype hätte ich natürlich nicht gerechnet. Mein Lebenstraum ist schon jetzt erfüllt“, sagt Kuhn. Viele Jahre hat er für seine Vision durchgearbeitet, Wochenenden gönnte er sich kaum. Irgendwann zog er die Handbremse, gönnte sich neben Wochenenden auch mal
Urlaub. Der Tagesbetrieb laufe schließlich auch ohne ihn.
Aus dem Startup ist inzwischen ein beachtliches Unternehmen mit einem jährlichen Wachstum zwischen 25 und 50 Prozent geworden – Bembel-With-Care ist der Apple unter den Äp- plern, Kuhn der „Apfelwein-Baron“ – so nannte ihn einst ein Journalist. Er griff es dankend auf.
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 SPIELFELD TSG HOFFENHEIM
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