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20.10.2015

Lukas Petersson: Kämpfer mit Wikinger-Gen

Alexander Petersson ist Handball-Profi bei den Rhein-Neckar Löwen und eine Wurfmaschine auf der rechten Halbposition. Sohn Lukas, 11, hat die Physis seines Vaters geerbt und sticht körperlich aus der U12 der TSG 1899 Hoffenheim heraus. Eine Geschichte von Kämpfernaturen und Wikinger-Genen.

Wenn Petersson senior mit der Harzkugel in der Hand zum Wurf ansetzt, ist es besser, nicht in der näheren Umgebung zu stehen. Knapp 120 Stundenkilometer können die Schüsse des Linkshänders erreichen, ein Albtraum für Abwehrspieler und Torhüter. 2012 wechselte der gebürtige Lette mit isländischem Pass von den Füchsen Berlin zu den Löwen, zeitgleich kam Petersson junior in das Hoffenheimer Kinderperspektivteam (KPT).

Drei Jahre trainierte Lukas Petersson bei den Jüngsten der TSG, im Sommer gelang ihm der Sprung in die U12, die erstmals von KPT-Chefcoach Paul Tolasz trainiert wird. Natürlich habe er auch Handball gespielt, sagt Lukas, aber mit seinem Verein, dem TV Dielheim, zu hohe Niederlagen kassiert und die Lust verloren. Schon in Berlin und zuvor in Flensburg, einer weiteren Karrierestation seines Vaters, kickte der kleine Lukas, der so klein gar nicht ist. „Aber hier macht es mehr Spaß. Die Bedingungen im Förderzentrum sind top und auch in der Schule werde ich super gefördert.“

Vater Lette, Mutter Isländerin

Eigentlich ist Papa Petersson immer dabei, sofern es der Löwen-Spielplan erlaubt. Vergangene Woche durfte er beim Sieg der U12 gegen die SG Epfenbach/Spechbach/Eschelbronn auch einen Treffer seines Sohnemanns bejubeln, der zum 11:0-Endstand einnetzte. „Hier kann man auch als Innenverteidiger Tore schießen“, freut sich Lukas, der sich wie seine Teamkameraden angesichts der aktuellen Bilanz von 87:0 Toren (in fünf Spielen) andere Ziele setzen muss, als „nur“ die Meisterschaft zu gewinnen. „Wir wollen uns beim Izmir Cup im Frühjahr gut präsentieren, und persönlich möchte ich natürlich den Sprung in die U13 packen.“

Lukas Petersson wurde am 9. Februar 2004 in Düsseldorf geboren und besitzt neben der deutschen auch die isländische Staatsbürgerschaft. Der Grund liegt in der spannenden Geschichte seines Vaters begründet, der 1980 in der lettischen Hauptstadt Riga – damals noch Sowjetunion – geboren wurde und zunächst Fußball spielte. „Mit 13 hatte ich keine Lust mehr und wollte lieber zum Handball“, so Alexander Petersson, der aufgrund seiner Athletik binnen kürzester Zeit zu den besten Spielern seines Landes avancierte und als 18-Jähriger von Vertretern des isländischen Klubs Grótta gescoutet wurde. „Nach Island zu gehen war in mehrfacher Hinsicht das Beste, was ich machen konnte“, sagt der heute 35-Jährige.

Der Traum vom Vollprofitum erfüllte sich allerdings – zunächst – nicht. „Am Anfang war es schwierig. Ich musste wie alle anderen Erstligaspieler einer Nebentätigkeit nachgehen und habe acht Stunden pro Tag in einer Zelt-Fabrik gearbeitet. Hüpfburgen reparieren, Festzelte aufbauen, sowas.“ Aufgrund der Sprachproblematik blieben ihm die isländische Kultur und Mentalität zunächst verborgen und es fiel ihm schwer, soziale Kontakte zu knüpfen. Als er seine spätere Frau Eivor, die beim Traditionsklub Valur Reykjavík Handball spielte, traf, lernte er dann blitzschnell Isländisch. Sportlich lief es ohnehin sehr gut. So gut, dass er 2004 eingebürgert und Nationalspieler wurde. Ein Jahr zuvor hatte Alexander Petersson ein Angebot der HSG Düsseldorf in der Bundesliga angenommen und sein Ziel, Handball-Profi zu werden, erreicht.

Vorbild Boateng

Zurück zu Lukas. Im September 2003, als Rudi Völler nach einem müden 0:0 der DFB-Elf im isländischen Nationalstadion Laugardalsvöllur seine legendäre Weizenbier-Wutrede hielt, war Lukas Petersson noch nicht geboren. „Wenn Deutschland spielt, bin ich für Deutschland, wenn Island spielt, für Island“, sagt er diplomatisch. Und wenn es zum direkten Duell käme? „Für Island“, gibt Lukas, der selbst isländisch spricht, zu. Ob er es sich erklären könne, warum der kleine Inselstaat, der weniger Einwohner als Mannheim hat, mit der Handball-Nationalmannschaft zur Weltspitze gehört und die Fußballer sich gerade für die EM-Endrunde qualifiziert haben? Lukas zuckt mit den Schultern. Sein Vater hat zu dem Thema eine eigene Meinung. Doch dazu später mehr.

Gegen Epfenbach läuft Lukas Petersson mit der Rückennummer 15 auf. Es ist die „Familiennummer“, die schon seine Mutter in der Nationalmannschaft getragen hat und die sein Vater dort immer noch trägt. U12-Trainer Tolasz sagt über seinen stämmigen Innenverteidiger: „Ein für sein Alter sehr reifer und intelligenter Spieler. Auf und neben dem Platz ist Lukas immer sehr vorbildlich und diszipliniert.“ Lukas selbst sieht sich als kopfballstark und als jemand, der das Spiel versteht.

Hoffenheims ehemaligen Isländer Gylfi Sigurðsson kennt Lukas zwar, als Vorbild nennt er aber Verteidiger-Kollege Jérôme Boateng. Ja, ein bisschen sei der FC Bayern auch sein Lieblingsklub, aber eigentlich schlägt sein Herz für die TSG. Selbst den isländischen Fußball verfolgt Lukas und drückt dem Heimatverein der Mutter, Valur (Falke), die Daumen. Eigentlich müsste er nach isländischer Tradition in Anlehnung an seinen Vater Lukas Alexandersson heißen. „Das kann er jederzeit entscheiden, wie er möchte“, misst Alexander Petersson der Sache aber keine große Bedeutung bei.

Kämpfer mit Charakter

Und wie erklärt er sich das Phänomen, dass eine so kleine Nation sportlich so erfolgreich sein kann? Liegt es wirklich am viel zitierten Wikinger-Gen? „Ja, das glaubt meine Frau auch“, sagt er und lacht. Doch in diesem Punkt herrscht Uneinigkeit im Hause Petersson. „Ich sehe das anders: Die Isländer sind Kämpfer, das stimmt. Aber der Erfolg im Sport ist für sie auch die einzige Möglichkeit, mal von der Insel zu kommen und mal besseres Wetter zu genießen. Deshalb trainieren sie wie verrückt und geben nie auf.“

Erfolg hatten die Handballer in der Tat. 2008 in Peking gewannen Petersson und Co. die Silbermedaille, vier Jahre später in London schrammten sie nur haarscharf am Halbfinale vorbei und zwischendrin holten sie EM-Bronze. Alexander Petersson zückt sein Handy und ruft eine Szene aus dem Spiel um Platz drei gegen Polen auf, als er kurz vor Schluss mit einer starken Defensivleistung einen polnischen Konter unterbindet und Tomasz Tłuczyński mit einem Hechtsprung in letzter Sekunde den Ball aus der Hand schlägt. „Ich habe nicht überlegt, sondern bin einfach gesprungen“, sagt er. Wegen kämpferischer Aktionen wie dieser wurde er Islands Sportler des Jahres 2010.

Als „Kämpfer“ bezeichnet er auch seinen Sohn. „Er hat meinen Charakter, ist aber noch nicht aggressiv genug – auch wenn er schon gut ausrasten kann, wenn Dinge schief laufen.“ Dass er Fußball und nicht Handball spielt, stört den Papa wenig. „Er soll machen, worauf er Lust hat. Ich habe ja auch erst mit 13 angefangen.“

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