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FRAUEN
06.02.2013

Frauen: Fühner: "Ohne Willen geht gar nichts"

Anne Fühner war Zuschauerin, als zehn ihrer Teamkolleginnen beim SAP-Cup ins Finale einzogen und sich den Turniersieg gegen den SC 07 Bad Neuenahr sicherten. In den beiden Testspielen gegen Sindelfingen und Freiburg wurde sie wieder eingesetzt. Jede Spielminute trägt zum ihrem sportlichen Aufstieg bei, der in den letzten sieben Monaten bei 1899 Hoffenheim immer weitergeht.

Im Sommer letzten Jahres packte Anne Fühner ihre sieben Sachen und zog aus dem Allgäu in den Kraichgau. Weg von der Familie, weg von saftigen grünen Weiden, auf denen im Sommer die Kühe grasen und im Winter Pistenraupen den Schnee für die Wintersportler ebnen. „Der viele Schnee fehlt mir hier schon manchmal“, sagt Fühner. Vielmehr vermisse sie aber ihre Familie und ihre Mutter, mit der sie oft zusammengesessen und gekocht hat. In St. Leon-Rot wohnt die Außenverteidigerin in einer Gastfamilie. Dort geht es ihr gut, die eigene Familie ersetzen könne sie aber natürlich nicht. Trotzdem war es ein guter und richtiger Schritt, schon so früh von zu Hause wegzugehen.

Es geht bergauf

Gerade erst durfte sie sich über eine Auszeichnung freuen: Mitte Januar wurde sie zum zweiten Mal nacheinander zur Sportlerin des Jahres der Stadt Kempten gewählt: „Der Titel bedeutet mir sehr viel. Ich habe vier Jahre in Kempten gespielt. Zwei Mal in Folge Sportlerin des Jahres zu werden, ist schon toll“, sagt Fühner und freut sich über die Aufmerksamkeit, die eine ganze Stadt ihr einen Abend lang schenkte.

Immer mehr Beachtung bekommt sie auch von Monat zu Monat bei 1899 Hoffenheim, wo sie seit einem halben Jahr spielt. Von Beginn an trainierte Fühner im Zweitligateam, gespielt hat sie zunächst in der zweiten Mannschaft. „Das“, so sagt die Schülerin, die im Mai volljährig wird und den Führerschein schon in der Tasche hat, „war für mich besser. Durch die Spiele in der Regionalliga habe ich mir Mut und Selbstvertrauen geholt.“ Es hat sich ausgezahlt. Ihre Leistungen in den Spielen und den Trainingseinheiten der ersten Mannschaft haben auch Trainer Jürgen Ehrmann überzeugt. In der 2. Bundesliga und im DFB-Pokal durfte sie mittlerweile in sechs Partien ran.

Sportlich ist sie das erfolgreichste von drei Kindern im Hause Fühner. Ihren älteren Bruder, Florian, hat Anne Fühner im Fußball irgendwann eingeholt. „Über ihn bin ich zum Fußball gekommen. Er saß dann aber meistens nur auf der Bank und ich habe oft in der gleichen Mannschaft gespielt, obwohl ich zwei Jahre jünger bin als er.“ Florian hat die Fußballschuhe an den Nagel gehängt und klettert jetzt. Der kleinere Bruder, Christoph, spielt noch immer Fußball. „Wenn ich zu Hause bin, kicken wir noch im Garten.“ Für Fühner ist Fußballspielen mit Jungs nichts Besonderes. Bis zu ihrem Wechsel nach Hoffenheim spielte die gebürtige Kemptenerin in Juniorenteams. Die größten Unterschiede hat sie schnell ausgemacht: „Der Umgang mit Frauen ist ein ganz anderer. Man spricht über ganz andere Dinge.“ Zum Beispiel über Frisuren und die neuesten Einkäufe von Klamotten. Die körperliche Robustheit hat sich Fühner bei den Jungs angeeignet: „Das kommt mir jetzt zugute.“ Hier bei den Frauen fällt ihr vor allem die Disziplin auf. „Das hängt sicher damit zusammen, dass hier Leistungssport betrieben wird und es ein Ziel gibt, das die ganze Mannschaft gemeinsam verfolgt“, vermutet Fühner. Natürlich: Es ist ein Unterschied, leistungsbezogen in der 2. Bundesliga zu spielen oder im Juniorenbereich in der Bezirksoberliga. Dort stand der Spaß im Vordergrund, in Hoffenheim stehen Konzentration und Disziplin an erster Stelle – gelacht wird aber trotzdem oft.

Gewaltige Unterschiede

Dennoch fühlt sie sich sehr wohl, lernt im Verein, in der Schule und beim Praktikum, das sie im Rahmen des Berufskollegs immer mittwochs am Trainingszentrum der Frauen absolviert. Zu Hause im Allgäu war sie zuletzt über Weihnachten. Ihre Mitfahrgelegenheit war Kevin Volland. Der Hoffenheimer Profi kommt aus Marktoberdorf bei Füssen, nicht weit weg von Fühners Elternhaus. „Wir haben uns gut unterhalten“, erzählt die 17-Jährige. Über die beiden Mannschaften und über die „riesigen Unterschiede“ im Frauen- und Profifußball. Fühner zahlt einen Euro, kommt sie eine Minute zu spät ins Training, Kevin Volland 100 Euro. Der 20-jährige Angreifer verdient aber auch deutlich mehr als Fühner, die neben dem Leistungssport noch für ihre berufliche Zukunft sorgen muss. Denn Fußball wird für die meisten Frauen auch in Zukunft kein Vollzeitjob sein.

Der Sport, der in Deutschland jedes Wochenende Millionen von Menschen in die Stadien und vor die Fernsehgeräte zieht, ist dennoch zu Fühners Lebensmittelpunkt geworden. „Ich bin sehr ehrgeizig und möchte mich unbedingt und immer verbessern.“ Deshalb macht die Defensivspielerin zusätzlich zum Mannschaftstraining noch Sonderschichten mit Juniorinnenkoordinator oder ist auf dem Basketballplatz oder an der Tischtennisplatte zu finden.

Nicht allein das Training ist Voraussetzung für den Leistungssport. „Ohne Willen geht gar nichts. Ohne Willen kann man es nicht schaffen“, weiß Fühner, der es besonders wichtig ist, immer ein Ziel vor Augen zu haben. Seit dieser Saison haben die jungen Spielerinnen Mentorinnen. Fühners Mentorin ist Susanne Hartel und die lebt ihrem „Mentee“ den Willen besonders gut vor. „Ihre Offenheit und ihr Siegeswillen sind sehr gut. Da kann ich noch viel von ihr lernen“, sagt Fühner. Die Mentorinnen sind direkte Ansprechpartnerinnen für die jungen Spielerinnen, an die sie sich mit Problemen oder Fragen wenden können. Fühner ist von dem Konzept begeistert, genauso wie sie vor einem halben Jahr vom Hoffenheimer Konzept begeistert war, als sie sich für den Wechsel aus ihrer Heimat zu Hoffenheim entschieden hat. Unter anderem mit dem Wissen, nicht mehr mit ihrer Mutter kochen zu können.

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