Page 79 - Spielfeld_August_2021
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 SPIELFELD TSG HOFFENHEIM 79
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Mein Weg auf den Königstuhl
Ein großes Einrollen gibt es nicht, zum Auftakt geht es direkt bergauf. Die Tour startet mit rund 6,5 Prozent Steigung – konstant über mehrere Kilometer. Erfahrene
Radfahrer würden sagen: „Der Anfang ist ja noch leicht.“ Für Anfänger sieht es jedoch nach einem unüberwindbaren Hindernis aus. Die Angst, irgendwann blau zu werden – also mittendrin ohne Kraft nicht mehr treten zu können – sorgt für ein flaues Magengefühl. Entsprechend lohnt sich das Runterschalten in einen kleinen Gang, um konstant in Tritt
schaffen es die Profis bei der Tour de France eigentlich, Streckenabschnitte bis teilweise mehr als 20 Prozent zu fahren?“ So fühlt sich dieses Stück an der Kohlhof-Klinik wie eine persönliche Königsetappe an. Die Oberschenkel brennen, das Atmen fällt nicht wirklich leicht, man muss auf die Zähne beißen. Wer glaubt, danach am Ziel zu sein, hat sich getäuscht. Bis zum zweiten Stoppomat ist es noch etwas mehr als ein Kilometer, zum Glück aber nur noch mit einer nun fast als sacht empfundenen Steigung.
Ab diesem Moment wird der Schmerz zum ersten Mal zur Freude. Es ist zu spüren, dass die Kräfte bis zum Finale reichen werden. Die Angst verschwindet, ein Lächeln macht sich im Gesicht breit – tatsächlich ist es kurz danach ge- schafft. Rund 30 Minuten Leidenszeit sind vorbei und der Königstuhl ist erreicht. Vor allem in einer Gruppe entsteht das ungemein schöne Gefühl, es gemeinsam geschafft zu haben. Der Ausblick hinunter auf die Region verleiht zusätzlich Kraft für das, was noch kommt.
Denn es steht noch die Abfahrt bevor. Hier sollte zuvor unbedingt die Funktionsfähigkeit der Bremsen getestet worden sein. Viele Haarnadelkurven sorgen für gefähr- liche Stellen, die nicht mit Leichtsinn gefahren werden sollten. Vor allem für Anfänger und Ortsunkundige gilt hier besondere Vorsicht, ein kurzzeitiges Träumen ist verhängnisvoll. Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 50 km/h, bei erfahrenen Fahrern sogar bis zu 60 km/h, werden erreicht. Entsprechend wichtig ist der richtige Schutz. Wer ohne Helm hinab fährt, darf im Volksmund getrost als lebensmüde bezeichnet werden.
Hat man es wieder runter nach Waldhilsbach geschafft, löst sich endgültig die Spannung. Der Königstuhl ist be- zwungen, die Abfahrt geglückt. Der Stolz ist noch größer
als die Müdigkeit, das Gefühl, es schon bald nochmal zu versuchen, kommt auf. Dann mit mehr Erfahrung und hoffentlich einer besseren Zeit, die der Stoppomat
genau dokumentieren wird.
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rs die Passagen mit langen Geraden
Sortiment: Auf dem
rauben Anfängern die Nerven und lassen auch den Autor
großzügigen Gelände
dieses Textes verzweifeln – trotz der Fahrt im niedrigsten stehen junge, alte, kleine
und ganz kleine, Indoor
Gang. Das Ende der Strecke (und der Schmerzen) ist an
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und Outdoor-Bonsais
diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar. Bei jeder Kurve hofft
sowie verkäufliche und
zu sehen – aber der Weg ist noch weit und die Steigung wird zunehmen.
Immerhin lässt sich die Strecke beinahe ungestört fahren, Autos und Motorräder stören die Radfahrer nur selten. Aber der tapfere Anfänger wird häufiger von jenen überholt, die nicht zum ersten Mal auf dem Sattel sitzen. Das Gefühl, das der deutsche Radprofi Lennard Kämna auf der 7. Etappe der aktuellen Tour de France gespürt haben muss, als Tadej Pogacar und Jonas Vingegaard bei der schweren Bergankunft am Schlussanstieg gefühlt an ihm vorbeigeflogen sind, kann man hier bestens nachvollziehen. Das Gute ist: Man ist mit sich selbst und dem Anstieg beschäftigt, sodass man die anderen Fahrer kaum wahrnimmt. Ein kurzes Nicken als Begrüßung ist aber immer drin.
Wichtig ist, seinen eigenen Rhythmus, einen gleichmäßigen Tritt zu finden. Es bringt nichts, sich aus der Ruhe bringen zu lassen und zu schnell anzugehen. Unterwegs sollte nicht auf die Geschwindigkeit geachtet werden. Das Tem- po von knapp unter 10 km/h taugt ohnehin eher nicht als Grundlage mentaler Höhenflüge. Das gilt vor allem, wenn der finale Anstieg erreicht wird: Denn auf den letzten 200 Metern vor dem Kohlhof beträgt die Steigung
mehr als zehn Prozent. Da fragt sich der Laie: „Wie
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