Page 15 - Spielfeld_Mai_2021
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 SPIELFELD TSG HOFFENHEIM
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 Ordnung und Currywurst
Vor 13 Jahren wechselte Håvard Nordtveit von der Reserve des FC Arsenal zum 1. FC Nürnberg – und Deutschland wurde zur zweiten Heimat des Norwegers. „Ich bin schon so lange hier, ich könnte bestimmt schon einen deutschen Pass bekommen“, sagt der 31-Jährige. Er fühlte sich stets wohl, erst in Franken, dann im Rheinland und schließlich im Kraichgau. „Ich liebe Deutschland, hier herrscht immer Ordnung, das mag ich. Wenn du dich hier an die Gesetze hältst und keine Fehler machst, hast du ein gutes Leben. Außerdem werde ich die Currywurst vermissen.“ Schelmisch grinsend fügt er dann hinzu: „Ich muss allerdings nach all den Jahren sagen: Die Deutschen sind oft ein bisschen seltsam.“ Lachend fährt er fort: „Ich bin ehrlich zu euch, ihr müsst auch mal mit Kritik umgehen.“ Dann erklärt er die Unterschiede zu seinen Landsleuten: „In Deutschland sind die Menschen etwas verschlossener und der Humor ist etwas anders. Ironie und Sarkasmus sind nicht so ausgeprägt.“
Dass auch sein Humor nicht immer bei allen gut ankommt, gesteht er allerdings ein. Sogar seine Frau ist manchmal etwas irritiert – oder sogar beschämt, wie er bestens gelaunt einge- steht: „Wenn sie mal in Deutschland war und wir zusammen einkaufen gegangen sind, hat sie immer gesagt: ‚Benimm dich heute und sei nicht peinlich.‘ Ich mache gern Späße mit den Leuten. Als etwa mal der Preis an der Kasse nicht direkt angezeigt wurde, habe ich gesagt: ‚Oh toll, das ist gratis.‘ Dann habe ich mich um- geschaut und gesehen, wie meine Frau schon rausgelaufen ist und sich ins Auto gesetzt hat.“
Was kennzeichnet Deine Persönlichkeit?
„Ich habe etwa, egal wie es sportlich lief, jeden Tag versucht, positiv zu sein und das auch auf meine Mitspieler zu übertragen. Ich habe auch diese Saison wieder gemerkt, wie wichtig das für die Kabine ist. Das gilt auch für die Unterstützung der vielen jungen Spieler. Ich erinnere mich immer an meine Zeit zurück und wie mir in Gladbach Spieler wie Martin Stranzl geholfen haben – und welchen Respekt ich vor ihnen hatte. Damals habe ich mir gesagt: Wow, ich will auch mal so ein Spieler sein, ein Leader. Und ich habe das Gefühl, dass ich das ein Stück weit geschafft habe.“
Welche Bedeutung hatte die TSG für diese Entwicklung?
„Hier habe ich verstanden, dass ich mehr leisten muss als nur die Trainingsarbeit. Als ich in Gladbach und bei West Ham war, war mir nicht so sehr bewusst, wie wichtig die eigene Ausstrahlung für die gesamte Kabine ist. Durch die verschiedenen Erfahrungen erhält man eine andere Perspektive, wie in einer Familie, in der die Kinder älter und erwachsener werden. Irgendwann verstehen sie dich und lernen jeden Tag dazu, das verläuft mit jungen Spielern ähnlich. Und das ist vielleicht das Wichtigste, dass ich in Hoffenheim gelernt habe: Die Mannschaft ist wie eine Familie – und die muss immer zusammen- halten. Wenn nur einer in die falsche Richtung geht, erreichen wir niemals unser Ziel.“
 Während des SPIELFELD-Shootings wird es plötzlich laut am Kreisverkehr vor der TSG-Geschäftsstelle in Zuzenhausen: „Stopp, da fährt Heinz Seyfert. Ich brauche unbedingt ein Foto mit der lebenden Legende“, schreit Håvard Nordtveit. Der 73 Jahre alte Zeugwart erfüllt den Wunsch gern, parkt den TSG-Van und posiert mit dem Norweger. „Er wird mir fehlen“ sagt Seyfert. Und Nordtveit schiebt augenzwinkernd hinterher: „Er mir auch. Heinz ist toll, aber auch während der Spiele der lauteste Mensch bei uns auf der Bank. Ich glaube, oft ist es ein Vorteil, dass kaum einer versteht, was er schreit, weil er mit einem starken Dialekt spricht.“
 
























































































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