Page 73 - TSG_Spielfeld_April_2022
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                                 Zurück zu den Wurzeln
Mit Karrieren ist das so eine Sache im Fußball. Einige überdauern Jahrzehnte, andere sind vorbei, bevor es überhaupt losgehen konnte.
In manchen Fällen reicht es zumindest für ein kurzes Bad im Rampenlicht. Das gilt nicht nur für aktive Spieler, sondern auch für Stadionrasen. Eben noch als heilig verehrt, bejubelt und geküsst, findet dieser sich plötzlich als Rasenschnitt im Abfall wieder.
Außer natürlich, er gehört zum Grün in der PreZero Arena der TSG Hoffenheim. Dann endet er nicht in der Tonne, sondern hat nach seiner Zeit im Stadion eine zweite, steile Karriere vor sich. Oder besser gesagt: eine flache. Seit Anfang November 2018 ist das Mähgut kein Abfall mehr, sondern wertvoller Rohstoff für ein ganz besonderes Papier. Ein Papier, das seinen Weg zurück in die Arena und damit direkt zu den Fans findet – als nachhaltige Autogrammkarte.
Das Leben als Grashalm ist also keine Einbahnstraße. Doch bis das Graspapier im TSG-Blau erstrahlen kann, muss noch ein bisschen Strecke gemacht werden. „Für den optimalen Rasen sind zwei unserer Mitarbeiter fast drei Stunden mit dem Rasenmähen beschäftigt, in der Wachstumsperiode sind sie täglich unterwegs“, erklärt Maik Grimm, Leiter Greenkeeping der TSG.
„Im Schnitt füllen wir alle zwei Wochen einen fünf Kubikmeter großen Container. Manchmal läuft der aber auch schon innerhalb einer Woche über.“
Maik Grimm, Leiter Greenkeeping
Da kommen gut und gerne zwei Tonnen im Monat zusammen. Ungefähr so viel wie der gesamte Kader der TSG Hoffenheim auf die Waage bringt.
Sobald die Greenkeeper ihre Arbeit erledigt haben, geht die Reise für den Stadionrasen erst so richtig los. Damit aus dem Mähgut am Ende Papier werden kann, muss der Rohstoff in mehreren Schritten bearbeitet werden:
TROCKNEN
KÜRZEN & PLATTMACHEN
PAPIERPRODUKTION
 REINIGEN
ZERKLEINERN
Die Verwendung von Gras für die Papierherstellung spart einiges an Energie und Ressourcen. Im Vergleich zur konventionellen Produktion kann der CO2 Ausstoß um bis zu 23 % gesenkt werden, die Materialien werden nicht chemisch behandelt und für eine Tonne Papier braucht es gerade mal sechs statt 6.000 Litern Wasser.
Apropos Wasser: Im nächsten Schritt in Richtung Autogrammkarte landen die Graspellets zusammen mit Wasser und Recyclingfasern in einem großen Bottich, dem sogenannten Pulper. Danach wartet die eigentliche Papiermaschine, die das Wasser herauspresst und wied- er komplett von Feuchtigkeit befreit. Nach der Trocknung wird das Papier schließlich aufgerollt und macht sich auf den Weg zur Druckerei, wo es wie jedes andere Papier bedruckt und verarbeitet wird.
Gedruckt und verpackt treten die fertigen Autogramm- karten die Heimreise an. Beim Anblick der frisch gedruckten Karten kann man kaum glauben, was alles in ihnen steckt.
Während die Rasenmäher im Stadion schon wieder ihre Runden drehen, zücken die Spieler ihre Stifte, um die Autogrammkarten zu unterschreiben und dem heiligen Rasen endgültig zu seiner neuen Bestimmung zu verhelfen. Aus dem notwendigen Übel – dem Kampf ge- gen den Rasenwuchs – ist nun die Ernte eines Rohstoffs geworden.
 
















































































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