Page 8 - Spielfeld_November_2021
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    Inter-Kapitän Sandro Mazzola übergibt Schieds- richter Jef Dorpmans unter den Augen von Gladbach-Star Günter Netzer die Cola-Dose, von der sein Teamkamerad Roberto Boninsegna getroffen wurde. Der Stürmer ließ sich darauf- hin mit einer Trage vom Feld bringen. Heute können nicht nur damalige Augenzeugen wie Rainer Bonhof die Original-Dose im Gladbacher Klubmuseum bestaunen.
Härringers Ecke
Kinder, wie die Zeit vergeht EDIE BÜCHSE VOM BÖKELBERG
s ist eine der großen Legenden des internationalen Klubfußballs – und sie währt bereits ein halbes Jahrhundert. Am 20. Oktober 1971, vor nunmehr 50 Jahren, wurde der Inhalt einer Cola-Dose im Europacup-Spiel zwischen
Borussia Mönchengladbach und Inter Mailand zum Politikum. In der 29. Minute des Achtelfinal-Hinspiels – die Borussia führt zu diesem Zeitpunkt bereits 2:1 – ist die Stimmung explosiv; und zwar auf und neben dem Rasen. Während einer Rangelei zwischen den Spielern fliegt die besagte Getränkedose auf das Spielfeld und trifft Inters Stürmer-Star Roberto Boninsegna. Sofort sinkt der Italiener zu Boden und wälzt sich auf dem Rasen. „Der Büchsenwurf war wie ein K.o.-Schlag für mich. Ich war für 15 bis 20 Sekunden bewusstlos“, sagte der Italiener später und beteuert bis heute, dass ihn eine volle Dose am Kopf traf. Boninsegna wird unter großem Getöse vom Platz getragen. Dennoch nehmen die Italiener die Partie wieder auf – und werden von den Gladbachern überrollt. Netzer, Heynckes und Co. spielen sich in einen Rausch und gewinnen die Partie 7:1. Die Freude über das wohl beste Spiel der Vereinsgeschichte währte jedoch nicht lang. Nach dem Spiel legt Inter Einspruch gegen die Spielwertung ein, die UEFA annullierte das Spiel. 4:2 gewinnen die Italiener zunächst das Rückspiel, das Wiederholungsspiel im Berliner Olympiastadion endet dann torlos. Die Borussia scheidet aus dem Wettbewerb aus, Inter erreicht in dieser Saison sogar das Finale des Landesmeister-Wettbewerbs.
Zwei Augenzeugen des legendären Büchsenwurfs auf dem Bökelberg trafen sich kürzlich im Borussia Park. Zum 50-jährigen Jubiläum der Partie sprachen die Zeitzeugen Rainer Bonhof und Wolfgang Kleff über den viel diskutierten Abend – in einem Raum mit dem passenden Namen „Büchsenwurf“. Noch heute treibt Bonhof der Vorfall vor 50 Jahren um: „Roberto ist bei seiner Version geblieben, dass er be- wusstlos und die Dose voll war. Ich sage: Die Dose war leer.“ Welche Version korrekt ist, wird womöglich immer ein Mysterium bleiben. Jef Dorpmans, Schiedsrichter der Partie, steuerte noch eine dritte Variante zur Dosen-Debatte bei: „Mein Linien- richter hat gesehen, dass die Dose geöffnet war, und dass die Cola im Flug aus der Dose spritzte, sodass sie beim Aufprall halb leer war.“ Es wird nicht mehr zu lösen sein, aber die Cola-Dose übergab der niederländische Referee den Gladbachern vor nunmehr genau zehn Jahren. Die Blechbüchse steht jetzt im Klubmuseum – und erinnert an eines der legendärsten Spiele der Gladbacher Vereinshistorie.
  © 2021 Christoph Härringer, www.facebook.com/Spottschau
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