Page 34 - Spielfeld_November_2021
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Die TSG verfügt demnach über innovative Tools. Inwiefern helfen diese Rahmenbedingungen? „Das ist für unsere Arbeit sehr wichtig. In der Psy- chologie haben wir manchmal das Problem, dass wir auf qualitative Urteile angewiesen sind. Aber dadurch, dass wir auch Daten zur kognitiven Leis- tungsfähigkeit gewinnen, können wir die Ergebnisse im Sinne der Optimierung viel besser belegen. Das ist ein wichtiger Punkt: Sportpsychologie zielt ei- nerseits auf die Prävention für Überforderung ab, andererseits suchen wir nach Entwicklungschancen für jede Spielerin und jeden Spieler, auch schon im Jugendbereich. Und da hilft es enorm, wenn man von Faktoren wie Aufmerksamkeitsleistung, Um- schaltvermögen oder Konzentration Zahlen vorlegen kann. Das motiviert die Spieler und man kann den Trainern gegenüber gut argumentieren.“
Was schätzen Sie hier besonders an der Zusam- menarbeit?
„In erster Linie das Gefühl, viel Vertrauen zu be- kommen. Das ist das Schönste, was man in meinem Beruf bekommen kann. Was für mich persönlich dazukommt: Ich wurde hier wieder sehr herzlich empfangen. Ich weiß von manchem Kollegen, dass sie es in anderen Vereinen nicht immer leicht haben. Aber in Hoffenheim wurde auch schon in den letzten Jahren sportpsychologisch hervorragend gearbei- tet, was für meinen Start hier sehr vorteilhaft war. Die TSG hat einen eigenen Charakter. Ich mag das Menschenbild hier und den Spirit, Dinge verändern und erreichen zu wollen.“
Hermann kann das gut beurteilen, denn er hat viele Vereine, Verbände und Einzelsportler kennenge- lernt. Als festes Mitglied des Staff gewann er 2014 mit der deutschen Fußballnationalmannschaft in Brasilien den WM-Titel. Er betreute Athleten in rund
„Ich mag das Menschenbild hier und den Spirit, Dinge verändern und erreichen zu wollen.“
20 olympischen Sportarten, von Boxen über Hockey bis Skifahren – und erlebte dabei durchaus auch Überraschungen: „Das Amateurboxen etwa ist auch eine enorme Teamleistung mit großem Respekt für den Gegner. Wie man Kollegen unterstützt oder auch dem Trainer des Gegners gratuliert, obwohl man von dessen Schützling vorher auf die Nase bekommen hat – das ist unglaublich.“
Wie unterscheidet sich die Arbeit bei der TSG denn von der beim DFB?
„Die Struktur ist eine ganz andere. Bei der Nati- onalmannschaft geht es immer um ein Projekt. Qualifikation, Turnier – darauf arbeitet man immer hin. Der Unterschied ist oft: Es spielt, mit Ausnahme eines Turniers, fast nie die gleiche Mannschaft. Das hat Einflüsse auf die Dynamik, da die Positionen nicht so klar vergeben sind. In einer Vereinsmannschaft ist mehr sportlicher Alltag und die Spieler wissen viel mehr, wo sie stehen. Bei einer Auswahlmannschaft ist für viele Vieles neu, die Abstände, bis man sich wiedersieht, können mehr als vier Monate sein. Hinzu kommt, dass Nationalspieler noch viel stärker Personen des öffentlichen Lebens sind. Wenn jedes Nasebohren, jeder Post ein Thema im Boulevard ist, dann ist das nochmals eine zusätzliche, persönlich herausfordernde Ebene.“
Der Fußball bewegt die Menschen emotional mehr als jeder andere Sport.
„Definitiv, auch ich erlebe in dieser Sportart Kind- heitsträume. Dass ich hier in Hoffenheim sein darf oder bei der Nationalmannschaft, ist immer noch etwas ganz Besonderes für mich. Man hält es doch als junger Mensch für unmöglich, in seinem Leben mal solch einen Beruf zu haben. Dafür, dass ich ihn in dieser Form ausüben kann, bin ich wirklich sehr dankbar.“
 Teil des Weltmeister-Teams: Hans-Dieter Hermann (2.v.l.) feierte 2014 gemeinsam mit Bundestrainer Joachim Löw, Co-Trainer Hansi Flick und Manager Oliver Bierhoff (v.l.) den deutschen WM-Triumph in Brasilien.
PROFIS






















































































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