Page 32 - Spielfeld_November_2021
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  Wie ist der Stressfaktor im Fußball zu bewerten? Ein Spiel, das auf großer Bühne ausgetragen wird, mit- samt der Herausforderung, sich vor Zehntausenden Zuschauern oder einem Millionen-Publikum vor den Bildschirmen zu beweisen ...
„Das ist eine schwierige Frage, weil es sehr indi- viduell empfunden wird. Es beginnt schon mit der Frage: Was ist Druck? Es gibt Fußballprofis, die finden nichts geiler als Situationen, in denen das Publikum pfeift – wenn es die gegnerischen Fans sind. Die allermeisten lieben den Resonanzraum Stadion und erst er lässt sie die Spiele so erleben, wie sie sind. Dafür spielen sie Fußball. Die Perfor- mance vor Publikum, die Öffentlichkeit, das ist ja ihr Beruf. Permanent Leistung abrufen zu müssen, ist ein elementarer Teil des Reizes der Bundesliga – Segen und Fluch, Druck und Motivation gleichzeitig. Das ist aber nicht der eigentliche Kern des Drucks.“
Wie äußert sich dieser?
„Druck entsteht in frühen Jahren im Fußball oft durch Fremderwartungen. Auch mal durch Eltern,
„Druck entsteht in frühen Jahren oft durch Fremderwartungen.“
ohne dass sie es wollen. Zum Beispiel weil sie sich Sorgen machen, dass ihr Kind nicht in den nächsten Jahrgang übernommen wird und sie diese Sorgen auf das Kind übertragen. Später als Profi können Spieler meist ganz gut mit Erwartungsdruck umgehen. Aber wenn medial extrem kritisiert wird und/oder im Netz Beleidigungen und Unterstellungen kursieren, nur weil die Leistung eine Zeit lang nicht passt oder man den Verein wechselt, macht das Vielen zu schaffen.“
Haben Sie das Gefühl, dass auch Verletzungen eine besondere Herausforderung für Spieler sind?
„Ja! Über den Umgang mit Verletzungen und ihre psychischen Folgen habe ich meine Doktorarbeit geschrieben. Das ist zwar lange her, aber das Thema ist noch immer aktuell und psychologisch relevant, insbesondere bei Langzeit-Verletzten. Aber auch bei dieser Thematik muss keiner in die Sprechstunde kommen, wenn er den Kontakt nicht selbst sucht. Es gilt das Prinzip der Freiwilligkeit. Und manchmal helfen auch schon kleine Tipps, um die Rehabilitation auch vom Kopf her besser zu meistern.“
PROFIS

























































































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