Page 91 - Spielfeld_August_2021
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SPIELFELD TSG HOFFENHEIM
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Doch im Juli dieses Jahres blieb dem mittler- weile 54-Jährigen kaum Zeit, die Olympischen Spiele in Japan zu verfolgen. Als einer von zwei
Mannschaftsärzten des Bundesliga-Teams, das er zusammen mit Dr. Thomas Frölich betreut, ist Kern voll ausgelastet. Seit Beginn der Corona-Pandemie ist Kern zudem auch Hygiene-Beauftragter der TSG. Eine Stelle, welche die Deutsche Fußball Liga (DFL) von jedem Profi-Klub einforderte, um trotz der Pan- demie den Spielbetrieb aufrecht erhalten zu können. Der gebürtige Heilbronner übernahm die wichtige Funktion – und erklärt in SPIELFELD, was alles dazu gehört, wie sich sein Aufgabengebiet verändert hat und auch, was ihm als Mannschaftarzt durch den Kopf gegangen ist, als er die schrecklichen Bilder des dänischen Kapitäns Christian Eriksen bei der Europameisterschaft gesehen hat.
Dr. Ralph Kern ist Unfallchirurg und Orthopäde – darf jeder Arzt Mannschaftsarzt in der Bundes- liga werden?
In der Theorie dürfte auch ein
Hautarzt Mannschaftarzt werden
– aber nur, wenn er auch die Zu-
satzqualifikation Sportmediziner
abdeckt. Kern hat sein Interesse
am Medizinstudium durch den
eigenen Hochleistungssport er-
langt: „Es war beeindruckend,
wie die Spezialisten uns fit ge-
macht haben. Dadurch ist der
Wunsch entstanden, selbst in
diese Richtung zu gehen.“ Die
eigenen Erfahrungen helfen ihm heute: „Man sollte als Mannschaftsarzt in meiner Rolle schon Ahnung von Sportverletzungen haben. Man ist für akute Verletzungen zuständig, andere Mannschaftsärzte sind dann eher internistisch tätig. Das ist bei jedem Klub anders. Aber wenn du derjenige bist, der wie ich auf dem Platz die Spieler behandelt, macht es Sinn, Orthopäde oder Unfallchirurg zu sein, damit man auf dem Spielfeld sofort reagieren kann und weiß, was zu tun ist.“
Was macht ein Mannschaftsarzt, wenn er nicht beim Spiel ist?
Kern, der in seinem Büro in der TSG-Geschäftsstelle in Zuzenhausen sitzt, schaut ernst, als er über die Anforderungen seines Jobs spricht. Vor der Tür warten bereits Spieler auf ihre Corona-Tests, sein Zeitplan ist mal wieder eng getaktet. „Es ist wirklich ein brutaler Zeitaufwand, den man als Mannschaftsarzt stemmen muss. Man ist an meh- reren Trainingseinheiten bis zum Abschlusstraining dabei, bespricht die Verletzungen einzelner Spieler mit dem Trainerstab. Dann folgt der Spieltag, an dem man als Ansprechpartner schon früh da ist und nach dem Abpfiff lange bleibt. Am nächsten Tag werden die Blessuren und Verletzungen der Spieler gecheckt – da ist man am Wochenende komplett ausgebucht.“ Auch in den folgenden Tagen kann
sich Kern nicht zurücklehnen: „Unter der Woche bin ich immer abrufbar und auch noch nachts telefonisch erreichbar, wenn mal etwas passiert. Das war schon vorher manchmal ein 24-Stunden-Job – aber durch Corona ist es noch einmal deut- lich zeitintensiver geworden.“
Die Aufgabe eines Hygiene- Beauftragten
Das Aufgabenfeld ist vielfältig, Kern muss nicht lange nach- denken, um mit der Aufzählung zu beginnen. „Die DFL verlangt seit dem Beginn der Pandemie
von jedem Klub, einen Hygiene-Beauftragten zu stellen. Da dieser ein Mediziner sein muss, war die Auswahl klein und ich habe den Job übernom- men. Seither kümmere ich mich um alles, was mit Corona zu tun hat. Das Einhalten der Hygiene-Vor- schriften, das Umsetzen der Änderungen, die Organisation der Tests, das ist alles recht an- spruchsvoll, weil es in genauen Zeiträumen pas- sieren muss. Und natürlich muss ich reagieren, wenn etwas passiert“, erklärt der TSG-Doc. Der Klub hat ihm erfahrene Hilfen zur Seite gestellt, die Tests macht ein Arzt aus der Universitätsklinik Heidelberg, ausgewertet werden sie in Karlsruhe. Auch mit dem Impfprozess hat Kern – bis auf die Organisation – nicht direkt etwas zu tun: „Mein TSG-Kollege Thomas Frölich ist Allgemeinmedi- ziner. Er darf in seiner Praxis impfen.“
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