Page 70 - Spielfeld_August_2021
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„Wir sind kein Oldtimer-Museum. Wir sind ein Lehrmuseum.” HORST SCHULTZ
Wer an ein Museum denkt, denkt an viel, sicher wohl kaum an die Zukunft. Horst Schultz sieht das etwas anders. Sein Museum Autovision in Altlußheim richtet den Blick zwar weit zurück, bis auf den Beginn der Automobilität sogar, der eigentliche Fokus des 73-Jährigen aber liegt auf der Zukunft. „Wir sind kein Oldtimer-Museum.“ Diesen Satz wird Schultz nicht müde zu wiederholen. „Wir sind ein Lehrmuseum.“ Auf 3.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche zeigt er Fahrzeuge, Motoren, Technik und Geschichte(n) der vergangenen 200 Jahre. Gerade hat er ein Buch über Wasserstoff veröffentlicht, im Untergeschoss präsentiert er, passend dazu, die Mobilität von morgen.
Der Elektroingenieur möchte zeigen, dass die Zu- kunft eine Vergangenheit hat. Der Einstieg in die Welt der Mobilität datiert nämlich zurück ins Jahr 1817, als der badische Forstbeamte Karl Drais eine Laufmaschine aus Holz konstruierte – sie gilt als erstes Fahrrad der Welt. Das Museum zeigt einen Nachbau, angelehnt an die letzte Evolutionsstufe der Draisine. Bis zur Motorisierung des Zweirads vergingen aber noch fast sieben Jahrzehnte. Das erste Motorrad der Welt war der Daimler-Reitwagen aus dem Jahr 1885. „Streng genommen ist es noch kein richtiges Motorrad, da es auf beidseitige Stützräder angewiesen ist“, erklärt Schultz.
Das erste serienmäßig produzierte Motorrad der Welt war die Hildebrand & Wolfmüller von 1894. Wenig später stieg dann das Unternehmen NSU in die Produktion von Motorrädern ein. Eine Marke, die es Schultz besonders angetan hat – sein erstes Auto war ein Prinz II E des Neckarsulmer Herstel- lers. Schon in seiner Jugend frisierte er Mopeds und verkaufte sie auf dem Pausenhof, schraubte an Autos, bevor er den Führerschein hatte. Schultz machte eine Lehre zum Elektromechaniker und begann früh, Bergrennen zu fahren, zunächst mit NSU-Wagen. Jahrzehnte später, im Jahr 2002, eröff- nete der erfolgreiche Unternehmer in Altlußheim das Museum Autovision. „Mit dem Bau und der später
gegründeten Stiftung wollte ich einen Beitrag dazu leisten, sowohl die Geschichte als auch die Visionen der Mobilität in einem besonderen Ausstellungs- konzept zu erklären.“
Für dieses Konzept suchte er eine Marke, die sowohl Fahrräder, Motorräder als auch Autos baute und fand sie in NSU. Anhand dieses Herstellers - der Name NSU ist eine Kurzform für Neckarsulm - erzählt er seither die Geschichte der Mobilität. Und die hält einige Überraschungen parat: dass Elektroautos so alt wie die Glühbirne sind etwa. Schultz: „Im Jahr 1881, also fünf Jahre vor dem Benz'schen Patent-Motorwagen, konstruierten die beiden Professoren William Edward Ayrton und John Perry ein Elektrofahrzeug. Das bringt unsere Besucher immer wieder zum Staunen.“ Es hatte bereits eine Reichweite von 40 Kilometern und erreichte eine Geschwindigkeit von 14 Kilometern
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