Page 50 - Spielfeld_August_2021
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 Im Alter von 16 Jahren fuhr Jens Rasiejewski in geheimer Mission nach Berlin. Es war eine an- dere, aufregende Zeit. Die 90er waren noch jung,
die Hauptstadt im Fokus der Weltoffenheit – und Junioren-Länderspiele liefen live im DSF. Vor allem letzteres hatte große Auswirkungen auf das Leben des Marburgers. Denn als er aus Berlin zurückkehrte, war plötzlich alles anders. Er war bekannt. Ein junger Star, den die Nachbarn und Mitschüler nicht mehr bloß als Jens betrachteten – sondern als Junioren-National- spieler. Ein VIP beim VfB Marburg. Ein Promi in der beschaulichen Studentenstadt.
Rasiejewski überraschte der plötzliche Ruhm, den er lange zu vermeiden versucht hatte. „Ich wollte die Länderspiele immer verheimlichen, das war mir damals ein bisschen peinlich. In Berlin dachte ich, dass daheim niemand etwas davon mitbekommt, doch dann schaute die ganze Schule vor dem Fernseher zu. Das hat damals alles verändert“, sagt der mitt- lerweile 46-Jährige, der im Sommer seine Stelle als Leiter der TSG-Akademie aufnahm. Die vor 30 Jahren selbst gemachten Erfahrungen sind heute hilfreich und wertvoll. „Ich weiß vom Gefühl her schon ein bisschen, wie das bei den Jungs in dem Alter ist. Wenn du in der Jugend zu einer öffentlichen Person wirst, dann bist du für viele Menschen nicht mehr normal. Sie schauen dich mit anderen Augen an. Das erleben die Jungs hier auch schon, sie werden in der Schule oftmals nicht mehr als normale Kinder betrachtet.“
Den Talenten selbst das Gegenteil zu vermitteln, ist eine der Hauptaufgaben des neues Akademie-Lei- ters und seinem Team. Die Liste der Spieler, die in der Jugend herausragten und es nicht zum Profi schafften, ist weitaus länger als die imposante Liste der Akademie-Absolventen, die ihren Traum verwirklichen konnten. Rasiejewski hat in seiner ersten Zeit in Hoffenheim zwischen 2011 und 2015 viele von ihnen betreut, als U17-Trainer coachte er unter anderem Dennis Geiger und Nadiem Amiri. Auch Niklas Süle trainierte oft noch mit – freiwillig, nach den Einheiten mit der U19.
Die Begeisterung des heutigen Nationalspielers für das Spiel weckte Erinnerungen an die eigene Jugend. Rasiejewski hat die Zeit noch klar vor Augen: „Ich bin in einem kleinen Dorf groß geworden. Und zu meiner Zeit gab es ja nur erstes, zweites und drittes Programm. Und es gab eigentlich nichts anderes, als dann rauszugehen und Fußball zu spielen. Also von daher waren die Bedingungen eigentlich schon so eingeschränkt, dass es nichts anderes gab. Ich habe auch in verschiedenen Mannschaften gespielt. Also samstags in der D-Jugend und sonntags in der C-Jugend. Und habe an die Tür geklopft, weil ich ja mitspielen wollte.“ Die Liebe zum Spiel ist für den früheren Libero eine der wichtigsten Essenzen auf dem Weg in den Profi-Fußball: „Du musst es lieben, es muss in dir kribbeln, es darf dir nicht anerzogen sein.“
 Geburtstag: Geburtsort: Nationalität:
Bei der TSG seit 7/2021 Karriere als Spieler:
2003-2005 2002-2003 1999-2002 1996-1999 1993-1996 -1993
VfB Stuttgart II
FC St. Pauli Eintracht Frankfurt Hannover 96
FSV Frankfurt VfB Marburg
1. Januar 1975 Marburg Deutsch
 VEREIN





















































































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