Page 106 - Spielfeld_August_2021
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  nter Uns
HEUTE: KREBSE UND DRAHTESEL
Heinz und Hermann sind Freunde. Sagen sie zumindest. Dabei sind sie selten einer Meinung. So diskutieren sie lieber eifrig über die wichtigen Dinge – Fußball zum Beispiel.
 Hermann: Heinz: Hermann:
Heinz:
Hermann: Heinz:
Hermann: Heinz:
Hermann: Heinz:
Hermann:
Heinz:
Hermann: Heinz:
Sag’ mal Heinz, nur unter uns Pastorentöchtern: Wie war Dein Urlaub?
Ich war sehr zufrieden. Super Essen, nette Menschen, kein Gewitter ...
... und dann kam Deine Frau, ne? Der Gag ist älter als wir beide zusammen. Ich hatte gehofft, die Zeit fern der Heimat hätte Dir gutgetan.
Hat sie! Wir hatten gemeinsam tolle Tage. All inclusive. Ich wusste gar nicht, dass Bier schon vor vier so gut schmeckt.
Und die Cocktails erst. Da hat Mann so manche Sorgen vergessen ...
Was hast Du denn schon für Sorgen?
Naja zum Beispiel, dass mir allein mit meiner Frau mein Lebensinhalt fehlt ...
(schaut verlegen) Ach Heinz, alter Kumpane, Du kannst Dich doch jederzeit melden.
Nee, nee, Du alter Griesgram warst das Letzte, an das ich gedacht habe. Ich rede vom Fußball. Ich konnte alles schauen und das zu jeder Zeit. Denn da meine Frau nicht wusste, was für seltsame Turniere der Sommer mit sich bringt, hat sie vor dem Urlaub zugestimmt, dass ich nur trinke, wenn ich Fußball schaue. Ich habe das Paradies gesehen.
Ziemlich genial, das muss ich zugeben.
Und wie. Mexiko gegen die USA im Gold- Cup-Finale. Brasilien gegen Argentinien bei der Copa America, U21-Europameister Deutschland, unser neuer David Raum bei Olympia – ich war so glücklich wie damals im Summer of Love.
Damals dachte ich ja noch, Du hättest eher am Summer of Olaf Interesse. Würdest Du nicht die ganze Zeit so zufrieden grinsen, würde ich mich fast für Dich freuen.
Ich habe den Himmel gesehen. Ich brauche Deine Anerkennung nicht mehr. Ganz im Gegenteil, ich habe etwas Wichtiges gelernt.
Wie man für Bier bezahlt, ja wohl leider immer noch nicht.
(zuckt mit den Schultern) Sei nicht immer so hinter meinem Geld her. Merk Dir lieber eins: Glücklich ist am Ende nicht, wer alles hat, sondern wer am wenigsten braucht.
Hermann: Heinz:
Hermann: Heinz:
Hermann:
Heinz: Hermann:
Heinz:
Hermann: Heinz:
Jetzt reicht es aber. Gab es im all inclusive auch Glückskekse umsonst?
Denk doch mal drüber nach. Es ist wie der olympische Gedanke. Man muss nicht unbedingt Gold gewinnen, wenn man glücklich ist, dass man dabei sein darf.
Naja, so richtig glücklich haben in Tokio jetzt nicht alle gewirkt ... Frag‘ mal Radprofi Simon Geschke ...
Streng genommen war er durch seinen positiven Corona-Test ja auch nicht dabei, sondern nur da. Und die Quarantäne, naja, zwei Wochen allein im Zimmer mit Vollverpflegung und Fernsehen – dafür würde ich schon drauf verzichten können, das Fenster mal zu öffnen.
Auf Dich wartet im Leben da draußen
ja auch nichts mehr... Immerhin konnte er in seinem Zimmer keine Skandale produzieren. Davon gab es in Tokio mehr als Zuschauer.
Das hat ja dann der Rad-Sportdirektor am Straßenrand übernommen, der alte Drahtesel.
Streng genommen auch ein Drahtesel- Treiber, aber lassen wir das. Man hat jedenfalls oft gezuckt, bei diesen Spielen. Immerhin wissen wir nun alle, dass man nicht PETA kontaktieren muss, wenn sich die Ruderer einen Krebs einfangen und dass aus Max Kruse nicht schon vor der Hochzeit zu Max Ehe-Krise geworden ist.
Das hat mich auch sehr gefreut. Meinen nächsten Heiratsantrag mache ich auch im Fernsehen.
Ja, aber wohl eher nicht bei Olympia ... Dennoch: Darauf trinken wir, Prost!
Na klar, Du zahlst ja. Fühle mich noch immer wie im Urlaub! Und vielleicht wird Biertrinken ja irgendwann doch noch olympisch! Prost!
    Bildquelle: www.gettyimages.de, Max2611, Creativ Studio Heinemann, Dmitr1ch, kyoshino, TARIK KIZILKAYA.





















































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