Page 76 - Spielfeld_Februar_2021
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In Berlin etwa erfasste man zuletzt deutlich mehr homo- und transfeind- liche Angriffe. Kellmann selbst hat noch nie körperliche Gewalt aufgrund seiner Sexualität erlebt. „Bepöbelt und bespuckt wurde ich aber schon oft, beim Christopher Street Day wurden wir mit Eiern beworfen.“ Er outete sich in der Woche nach dem münd- lichen Abitur. „Kurz vorher hatte ich meinen ersten Freund, während der Schule war ich mit einem Mädchen zusammen. Das war ein Erweckungs- erlebnis. Plötzlich wusste ich, wo ich hingehöre. Ich wurde ich.“ Nach der Schule machte er einen harten Schnitt, auch im Freundeskreis. Heute geht er offensiv damit um: „Mit 43 bin ich ein gestandenes Mannsbild, früher war ich natürlich viel unsicherer. Wenn mir jetzt einer blöd kommt, kriegt er Contra. Verstecken ergibt meiner Meinung nach keinen Sinn.“
Kellmann fände es ein wichtiges Si- gnal, wenn sich ein Profifußballer outen würde: „Heute haben manche Fußballer ja fast schon gottgleichen
„Heute haben manche Fußballer ja fast schon gott- gleichen Status. Wenn so einer sich hinstellt und sagt ‚Ich bin schwul‘, würde er doch sämtliche Klischees ganz klar widerlegen.“ MARKUS KELLMANN
Status. Wenn so einer sich hinstellt und sagt ‚Ich bin schwul‘, würde er doch sämtliche Klischees ganz klar widerlegen. Von wegen Schwule sind Tunten und Weicheier, können nicht hart spielen und werfen mit Wattebäuschchen.“ Sven Wolf vom Badischen Fußballverband hält das Outing eines aktiven Profifußballers eher für zweitrangig. „Ge- rade die Medien bemessen extrem viel an diesem Punkt. Meiner Meinung nach ist das aber nicht das Allheilmittel, sondern wäre eher das Ergebnis der Arbeit an der Basis. Und hier ist in den vergangenen Jahren schon eine Dynamik entstanden“, sagt er.
Der DFB hat zum 1. Januar dieses Jahres in Trä- gerschaft des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland eine zentrale Anlaufstelle für ge- schlechtliche und sexuelle Vielfalt eingerichtet. Christian Rudolph ist Ansprechpartner und leitet das Projekt, das zunächst auf 18 Monate ausgelegt ist. Die Initiative „!Nie wieder – Erinnerungstag im deutschen Fußball“ trägt das Thema mit ihrer mitt- lerweile 17. Kampagne auch in die Bundesliga. Mit verschiedenen Aktionen an den Spieltagen um den 27. Januar erinnerten Profi- und Amateurvereine sowie deren Fans dieses Jahr an die Leidensgeschichte der Menschen, die im Nationalsozialismus aufgrund ihrer sexuellen und geschlechtlichen Identität ge- brandmarkt und verfolgt wurden.
  Enge Gemeinschaft: die Quadratekicker Mannheim
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