Page 66 - Spielfeld_Dezember_2020
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 U15-Spieler Tiago Poller und Cheftrainer Andreas Lässig
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In den unteren Altersklassen
sind die Einschränkungen al-
lerdings schwerwiegender. Dort
darf nicht in größeren Gruppen
trainiert werden, das normale
Mannschaftstraining ist also
nicht möglich. Nur Training in
Kleingruppen wird angeboten. Das bedeutet, dass sich zwar mehrere Spieler auf dem Trainingsplatz befinden dürfen, aber dass sich ein Trainer stets nur um einen Spieler kümmern darf oder dass die Spieler mit großen Abständen zueinander positioniert werden müssen. Das Training wird daher in der Regel in mehreren Schichten ausgetragen. Alle Übungen sind zudem kontaktfrei.
Bei einem dieser Sondertrainings der U15 an einem Samstagvormittag im November, an dem normaler- weise ein Spiel bestritten worden wäre, herrscht in der Gruppe gute Laune. Die Jungs sind um Abstand bemüht und sind einfach nur froh, dass sie Sport auf hohem Niveau treiben dürfen, auch wenn alles doch sehr viel anders ist als normal.
Dabei sind die jungen Spieler, von der U15 bis zur U12, im idealen Lernalter für fußballspezifische Tech- niken. In dieser Lebensphase werden, wenn neben Begabung auch Fleiß vorhanden ist, die Grundlagen dafür gelegt, später eventuell einmal Profi werden zu können. „Diese Zeit in der Talentförderung wird den Jüngeren fehlen“, sagt Mann. Besonders hart trifft es die Jahrgänge, die im vergangenen Sommer zu den Senioren wechselten oder für die der Sprung zu den Erwachsenen Mitte 2021 ansteht. Die Möglichkeiten, sich für größere Aufgaben zu empfehlen, waren und sind extrem reduziert. „Unseren älteren Jahrgängen fehlen die Wettkämpfe, um sich zu zeigen. Dass sie unruhig werden, kann ich daher verstehen“, sagt Mann. Die TSG ist davon auch betroffen, allerdings aus anderer Sicht. „Von Spielern, die uns angeboten werden, gibt es kein aktuelles Videomaterial“, sagt
Drobisch. Wie bei den Profis ist der Markt für Vereinswechsel bei den älteren Junioren deut- lich beeinträchtigt. Beim DFB werden die Langzeitfolgen durch den Lockdown mit großer Sorge betrachtet, weil schon zuvor
die Nachwuchsarbeit rückläufig war. Zwischen 2009 und 2019 wurde fast jedes fünfte Nachwuchs-Team verloren; um neun Prozent ging die Zahl der jungen, aktiven Mitgliedergruppe zurück. Das Corona-Jahr 2020 könnte die Verluste weiter beschleunigen, zumal die körperliche Inaktivität bei Kindern und Jugendlichen, die schon sehr bedenkliche Ausmaße hat, durch die Corona-Ruhe weiter forciert wird. Hatte ein Zehn- jähriger im Jahr 1990 noch rund 25 Stunden Sport und Bewegung pro Woche, sind es heute maximal zehn Stunden.
Das Thema trifft für die Spielerinnen und Spieler der TSG nicht in diesem Ausmaß zu. Die meisten sind sehr stark leistungsorientiert. Sie alle wollen aber auch spielen, nicht nur trainieren. Besorgt stellen sich die Verantwortlichen in St. Leon-Rot und in Hoffenheim schon jetzt die Frage: Was wird im Januar und Februar passieren, wenn die Infektionsraten nicht signifikant sinken? Bleibt die mentale Belastung hoch und steigt der Frust für die Spielerinnen und Spieler weiter, die wegen Corona ja auch recht großen Veränderungen in Schule und Ausbildung ausgesetzt sind?
Auch für Teile des TSG-Personals ist der Stress größer geworden. Vor allem die Athletik-Trainer, die nun jede Fitness-Einheit nur noch im Einzel-Training abhalten, und die Fahrer, die keine Gruppen mehr befördern dürfen, haben nun viel längere Arbeitstage. Aber Marcus Mann und Dominik Drobisch versuchen trotz allem, auch die positiven Aspekte herauszustellen: „Wir können wirklich nur froh sein, dass wenigstens trainiert werden darf. Andere Nachwuchsleistungs- zentren in Deutschland sind komplett geschlossen.“
„Diese Zeit in der Talentförderung wird den jetzt Jüngeren fehlen. Dass dort Spieler unruhig werden, kann ich verstehen.“
MARCUS MANN
   VEREIN
















































































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