Page 17 - Spielfeld_Dezember_2020
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SPIELFELD TSG HOFFENHEIM
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Wenn man in so einem Moment das Siegtor erzielt, wird man dann in der Heimat zum Helden erkoren? „Nein, soweit will ich nicht gehen. Letztendlich spielen wir nur Fußball. Diesen Status haben für mich Men- schen, die in den Krankenhäusern arbeiten. Menschen, die für das Land kämpfen und sich für die richtigen Leute einsetzen. Das sind die wahren Helden.“
Zwischen Armenien und Aserbaidschan herrschte rund um die Region Bergkarabach Krieg, ein Waf- fenstillstand wurde in den Tagen um das Spiel gegen Georgien geschlossen, es gab viele Flüchtlinge, die in die Hauptstadt Jerewan kamen. Wie empfindest Du die Situation in Deinem Heimatland?
„Es ist sehr traurig. Zu sehen, wie die Menschen um ihr Leben kämpfen, das ist schon Wahnsinn. Ich hoffe natürlich, dass alles schnell vorbeigeht und es sich halbwegs normalisiert. Es kann nicht sein, dass 18-Jährige in den Krieg ziehen müssen, um ihr Land zu verteidigen. Da merkt man, dass man keine wirklichen Probleme hat, wenn man ein paar Monate oder Wochen auf das Fußballspielen verzichten muss.“
Hast Du selbst Verwandte, die von der Situation betroffen sind?
„Einige aus meiner Familie leben noch in Armenien, aber sie mussten zum Glück nicht flüchten. Sie woh- nen in Jerewan. Aber natürlich sind auch sie von der Situation betroffen. Ich hoffe, dass sie bald wieder mehr Grund zur Freude haben werden.“
Du bist als Fünfjähriger mit Deiner Familie aus Arme- nien ausgewandert. Wie kam es zu dem Entschluss? „Das war 1998, mein Vater hatte seine Arbeit verlo- ren. Meine Tante war schon zwei Jahre zuvor nach Deutschland ausgewandert und hat uns geholfen. Wir sind zunächst in Ueckermünde in einem Asylheim gelandet und dann sind wir nach Neubrandenburg gezogen, um uns ein neues Leben aufzubauen.“
Wie waren die ersten Jahre in Deutschland für Deine Familie und Dich? Ein fremdes Land, eine andere Sprache ...
„Ich kann mich an die erste Zeit gar nicht mehr richtig erinnern. Damals war ich fünf Jahre alt. Es war na- türlich nicht einfach. Vor allem mit der Sprache. Wir haben aber versucht, so schnell wie möglich Deutsch zu lernen. Für mich als kleines Kind war es nicht so schwierig. Ich habe mich von Beginn an immer mit anderen Kindern auf dem Fußballplatz getroffen. Das war ein verbindendes Element für uns. Auf dem Feld sind Herkunft und Sprache egal. Da zählt nur der Ball. Ich hatte eine sehr schöne Kindheit und habe das alles sehr genossen.“
Und wie geht es Deiner Familie heute? Sprecht Ihr untereinander noch häufig Armenisch?
„Ja, alles ist super. Meine Eltern leben und arbei- ten inzwischen in Hamburg und wohnen bei einer meiner drei älteren Schwestern. Sie haben es auch sehr gut angetroffen in Deutschland. Untereinander sprechen wir in unserer Familie aber noch immer nur Armenisch.“
Das hört sich so an, als würde es Dir trotz der jüngsten Corona-Zwangspause sehr gut gehen. Du wirkst zufrieden.
„Das kann man sagen. Meine Freundin und ich fühlen uns in Heidelberg und der Region total wohl und heimisch. Meiner Familie geht es auch gut und ich bin zurück auf dem Fußballplatz. Natürlich ist die Situation in der Heimat in meinem Kopf, aber wenn ich auf mich persönlich schaue, bleiben derzeit kaum Wünsche offen.“
„Es kann nicht sein, dass 18-Jährige in den Krieg ziehen müssen, um ihr Land zu verteidigen.“
 Sargis Adamyan und Freundin Anna Wilken, die bei Instagram der größere Star ist als der Fußball-Profi (18.700 Follower), wie der Armenier lächelnd eingesteht: „Sie war mal bei Germany's Next Topmodel dabei und hat danach ihre Aktivitäten auf Social Media etwas forciert. Sie ist drangeblieben, hat nun mehr als 310.000 Follower und ist weiterhin sehr aktiv. Ich bin da eher zurückhaltender.“



















































































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