Page 8 - Spielfeld_Oktober_2020
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 Kinder, wie die Zeit vergeht
  Der 1. FC Kaiserslautern (Foto oben) gründete bereits 1970 eine eigene Frauenfußball-Abteilung und gehörte damit zu den Pionieren der Sportart. Denn in Deutschland hatten die Fußball spielenden Frauen (unten) zu jener Zeit noch mit heftigem Widerstand zu rechnen.
Härringers Ecke
Der TV-Beitrag wird in geselliger Runde gern als lustiges Fundstück ver- brämt, dabei sollte dem Betrachter vor Fremdscham und Empörung das Lachen gefrieren. Der legendäre TV-Moderator Wim Thoelke hatte an jenem
28. März 1970 im Aktuellen Sportstudio des ZDF einige Spielerinnen der inoffiziellen Frauen-Fußballnationalmannschaft geladen – was dann folgte an Kommentaren im Einspieler, ist an tumben Chauvinismus und Sexismus kaum zu überbieten: „Decken, decken – nicht Tisch decken“, feixt Thoelke etwa wegen der Bilder.
Was heute wie aus der Zeit gefallen wirkt, war damals – so viel sei zur Ehrenrettung gesagt – ein Stück deutscher Alltag. Denn zu jener Zeit im Frühjahr 1970 war den Frauen das Fußballspielen auf offizieller Ebene, immer noch untersagt. Im Jahr 1955, ein Jahr nach dem „Wunder von Bern“, hatte der DFB diesen Beschluss gefasst, unter anderem mit der Begründung, „dass diese Kampfsportart der Natur des Weibes im Wesentlichen fremd ist [...] Körper und Seele erleiden unweiger- lich Schaden und das Zurschaustellen des Körpers verletzt Schicklichkeit und Anstand.“ Doch der Frauenfußball ließ sich davon nicht beirren, geschweige denn aufhalten. Inoffizielle Länderspiele wurden ausgetragen, auch Vereine innerhalb des DFB gründeten Frauen-Teams. Die Entwicklung erreichte auch den DFB. Am 31. Oktober 1970, vor nunmehr genau 50 Jahren, hob der Deutsche Fußball-Bund (DFB) auf seinem Verbandstag in Travemünde das Verbot des Frauenfußballs auf. Ein überfälliger Schritt, wenn auch mit Auflagen: Stollenschuhe waren verboten, die Bälle waren kleiner und leichter, das Spiel selbst dauerte nur 70 Minuten. Vier Jahre später, am 8. September 1974, kurz nach der Heim-WM, gewann der TuS Wörrstadt die erste offizielle Deutsche Frauenfußballmeisterschaft. Das erste Länderspiel wurde am 10. November 1982 in Koblenz (5:1 gegen die Schweiz) ausgetragen.
Heute, knapp fünf Jahrzehnte später, ist der Frauenfußball längst gesellschaftliche Normalität geworden. Die DFB-Frauen haben bislang 479 Länderspiele bestritten, sie wurden 2003 und 2007 Weltmeister, gewannen zehn Mal die Europameisterschaft und holten 2016 bei den Olympischen Spielen von Rio de Janeiro die Goldmedaille. Die TSG Hoffenheim gehört als Bundesligist ebenfalls zu den Leuchttürmen des Frauenfußballs in der Republik. Bereits seit 2013 spielen die TSG-Frauen in der Bundesliga, haben mittlerweile fünf deutsche Nationalspielerinnen hervorge- bracht – und dürfen in dieser Saison erneut auf eine Spitzenplatzierung hoffen.
  © 2020 Christoph Härringer, www.facebook.com/Spottschau
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