Page 79 - Spielfeld_Juli_2020
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 Der Standort des Museums mag manche verwundern, dabei sei Bad Rappenau laut Oberbürgermeister Sebastian Frei „Hauptstadt der Bademode“. 1834 eröffnete dort mit dem Sophienbad das erste Solebad des Großherzogtums Baden, zudem sei die traditionsreiche Kurstadt Geburtsort und langjähriger Standort der zwei historisch be- deutenden Bademodenhersteller Benger-Ribana und Felina. Die Geschichte dieser und weiterer relevanter Unternehmen beleuchtet das Museum ausführlich. Für den Standort spricht laut Weinmann zudem die direkte Lage an der Autobahn, die unmittelbare Nähe zu weiteren Attraktionen wie der Experimenta in Heilbronn oder der KLIMA ARENA, der Badewelt und der PreZero Arena in Sinsheim. „Einen Besuch kann man also perfekt kombinieren, auch mit Übernachtungen im direkt ans Museum angeschlossene Best Western Hotel“, meint Weinmann.
Die Idee zum Museum kam dem Unternehmer Alexander Ruscheinsky vor einigen Jahren, als er an einem sonnigen Februartag in Rio de Janeiro die Brasilianerin Alda kennenlern- te. Die damals 70-Jährige war Besitzerin einer Bademodenfabrik und hatte den Traum, ihre Lebensgeschichte in einer Bikini-Ausstellung zu kuratieren. Ruscheinsky, Gründer der Raststättenkette Autohöfe-24, ging die Begegnung nicht mehr aus dem Kopf und so tauchte er tiefer in die Geschichte der Bademode und -kultur ein. Die Idee des Museums wurde konkreter, weitere Begegnungen prägen heute die Schau. Ruscheinsky traf den gebürtigen Mannheimer Kurator Helmut Schuster, der nun in Bad Rappenau rare Fotografien von Bunny Yeager aus den 1950er-Jahren zeigt. Ihr Motiv war Pin-up-Ikone Bettie Page. „Sie trug maßgeblich zur gesellschaftlichen Akzeptanz des Bikinis bei und mit ihrer Freizügigkeit war sie der sexuellen Revolution bereits voraus“, erklärt Schuster, der mit seiner Frau Claudia zwei Galerien in Berlin und Miami betreibt.
Eine entscheidende Rolle spielte Ghislaine Rayer, die weltweit führende Bademoden- expertin und Sammlerin aus Paris. Sie übergab dem Museum 400 Exponate, „darunter gleich mehrere Sensationen“, so Kurator Weinmann. Der größte Publikumsmagnet dürfte der schwarze Samt- und Spitzenbadeanzug von Marilyn Monroe sein, den sie bei ihrem Shooting mit dem Fotografen Frank Powolny zur Nachkriegskomödie „Love Nest“ (1951) trug. Aus historischer Sicht am wertvollsten sei allerdings der „Goldene Réard“: „ein ästhetisches Meisterwerk der Bademode“, findet Weinmann – und die einzige erhaltene Anfertigung Réards. Experten schätzen das Herstellungsjahr auf 1948 – kurz, nachdem Micheline Bernardini mit ihrer Nabelschau in Paris für Aufruhr sorgte. Zweiteiler hatte es übrigens auch schon vor Réards explosiver Präsentation gegeben, meist jedoch nicht in der Öffentlichkeit und in dieser Radikalität. Er gab dem Bikini seinen Namen und ließ sich seine Stoffrevolution patentieren.
Bis der Zweiteiler seinen Siegeszug antrat und es in die Ladenregale schaffte, dauerte es allerdings noch einige Jahre. Ikonen wie Marilyn Monroe oder Brigitte Bardot brach- ten den Bikini auf den Schirm, die Schweizer Schauspielerin Ursula Andress machte ihn 1962 in „James Bond – 007 jagt Dr. No“ unsterblich, als sie im knappen Zweiteiler aus dem Meer stieg. Weinmann: „Das fegte, zumindest in den westlichen Ländern, die letz- ten öffentlichen Ressentiments weg.“
   SPIELFELD TSG HOFFENHEIM 79
  





























































































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