Page 69 - Spielfeld_Juli_2020
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 SPIELFELD TSG HOFFENHEIM 69
 präsentiert von
Trainingsmethoden durch Virtual-Reality-Technologien finden einen immer breiteren Einsatz auf unterschiedlichen Feldern des Sports. Das TSG Research Lab arbeitet bereits seit längerem mit dieser zukunftsweisenden Technik. Die Hoffenheimer Profis nutzen das VR-Tool BE YOUR BEST, um die Antizipation von Spielszenen zu trainieren. Aber das TSG Research Lab unter der Leitung von Prof. Dr. Jan Mayer bietet sein Knowhow auch anderen Interessierten an. Deswegen ist ein sehr interessanter Austausch mit dem französischen Rugby-Club Atlantique Stade Rochelais zustande gekommen, in dem es darum geht, die Gesundheit der Spieler zu schützen.
Fußballspieler, die während der Partien sehr wachsam sind und ständig gucken, wo sich der Ball befindet, sind erfolgreicher als Mit-
spieler, die sich Aufmerksamkeitspausen nehmen. Eine solche Fähigkeit, ständig die Umgebung nach dem Spielobjekt förmlich zu scannen und gleichzeitig auch instinktiv zu analysieren, wo sich freistehende Mitspieler befinden, bezeichnen Sportpsychologen als Erkundungsverhalten. Spieler, die überrascht werden, dass der Ball in ihre Nähe kommt, weil sie vielleicht einmal abgelenkt waren, haben in einer solchen Situation kein gutes Erkundungsverhalten gezeigt. Der nächste Pass, den sie vielleicht gerade noch spielen können, findet nicht den am besten postierten Mitspieler, weil sie sich nicht optimal auf ihre Aktion vorbereiten konnten. Der Gegner kommt womöglich in Ballbesitz, leitet einen Gegenangriff ein und schießt ein Tor.
In der Sportpsychologie wird dem Erkundungsverhal- ten eine hohe Bedeutung zugeschrieben. Forschungen haben ergeben, dass sich mit einer hohen visuellen Erkundungsfrequenz die Wahrscheinlichkeit, einen erfolgreichen Pass zu spielen, signifikant erhöhte. Das visuelle Erkundungsverhalten, auch Vororientierung genannt, ist ein Teil der Entscheidungsfindung, welche sich in drei Schritte einteilen lässt: 1. die visuelle Wahrnehmung zur Aufnahme und Interpretation von neuen Informationen, 2. das visuelle Erkundungs- verhalten, um Informationen zu sammeln und 3. die Antizipation der nächsten Situation.
Das visuelle Erkundungsverhalten kann mit Hilfe von VR-Technologien trainiert werden. Bei der TSG Hoffenheim wird auf das VR-System BE YOUR BEST gesetzt. Dabei handelt es sich um ein wissenschaft- lich geprüftes Verfahren zum kognitiven Training für professionelle Fußballspieler. Über die VR-Brille werden die TSG-Spieler virtuell Teil einer originalen Champions-League-Szene. Die Spielszenen folgen dem Zufallsprinzip, lediglich die Spielerposition, aus
Auch die TSG-Profis arbeiten mit VR-Brillen (hier mit Reha-Trainer Otmar Rösch).
der die Szene erlebt werden soll, kann festgelegt werden. Die Situationen können in einer langsamen Variante (einfach) und einer schnellen Variante (schwer) abgespielt werden. Sobald die Szene beginnt, gilt es, den ballführenden Spieler zu finden und das Spielfeld nach Optionen für einen geeigneten Pass oder Tor- schuss zu scannen. Ist der Spieler im Ballbesitz, muss er innerhalb einer Sekunde eine Entscheidung treffen und sie über den Controller mitteilen. Nach jeder Szene folgt eine Auswertung. Zum einen wird die Orientierung auf dem Spielfeld bewertet, zum ande- ren die Qualität der Entscheidung.
    

























































































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