Page 60 - Spielfeld_Juni_2020
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Julius Illes kann auf ein bewegtes Leben zurückblicken. 1985 musste er vor dem kommunistischen Regime in Ungarn nach Deutschland flüchten und galt als Verräter. In Deutschland fand er eine neue Heimat. Bei der TSG Hoffenheim kümmert er sich bereits seit 2003 als Physiotherapeut um den Nachwuchs in der Akademie.
Es dauert nur wenige Augenblicke, da wechselt Julius Illes im Gespräch in das vertraute „Du“. Seine logische Begründung: „Wir sind bei der
TSG doch alle wie eine Familie.“ Sein Gegenüber spürt sofort, dass der Verein und die Region für den 70-Jährigen eine große Bedeutung besitzen. Seit 17 Jahren arbeitet der Ungar in der TSG-Akademie als Physiotherapeut – zunächst bei den Profis, dann lange für den Hoffenheimer Nachwuchs und nun für die U13, U12 sowie das Kinderperspektivteam zu. Dass der Kraichgau einmal sein neues Zuhause werden würde, hätte Illes damals nicht für möglich gehalten.
„Damals“ steht in seinem Fall für 1985. Illes kam im Alter von 35 Jahren aus Ungarn nach Deutschland. Unfreiwillig, als Flucht vor dem kommunistischen Regime. Sein ursprüngliches Vergehen: Als junger Kerl hatte er dem in Ungarn verbotenen Radiosender „BBC“ einen Brief geschrieben mit dem Wunsch, den Rolling-Stones-Hit „Congratulations“ für ihn aufzulegen. Der Brief kam nie an. Er wurde vom ungarischen Geheimdienst abgefangen und sorgte dafür, dass sein Absender fortan unter ständiger Beobachtung stand, keine Universität besuchen und nie eine Führungsposition bekleiden durfte. Weil er keine Aufstiegschancen mehr sah, schulte Illes 1979 vom Maschinenbaumechaniker im Fahrzeugbau zum Physiotherapeuten um.
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„Tapemaster J“ und seine zweite Familie
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