Page 54 - Spielfeld_Juni_2020
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Zusätzlich zu ihrer Tätigkeit als Fußballerin arbeitet Leonie Pankratz auch bei Anpfiff ins Leben.
  Was denkst Du überhaupt über die so genannten „Geisterspiele“ auch wenn im Frauen-Fußball nicht viele Zuschauer kommen?
„Bei unseren Heimspielen wird es deutlich mehr auffallen, weil wir ein relativ kompaktes Stadion haben und wenn selbst nur 600 Leute da sind, ist dennoch eine gewisse Stimmung vorhanden. Auswärts wird es nicht viel anders sein als bisher, aber zuhause ist es natürlich schade, dass die Fans nicht da sind. Aber nochmal, das ist die Situation, man muss sie so annehmen wie sie ist.“
Bleibt es dabei, dass Du aufhören willst nach der Saison?
„Ich bin noch nicht ganz sicher. Ich werde aber auf jeden Fall bei der TSG nicht mehr weiterspielen. Ich habe vor zwei Jahren mit dem Job bei Anpfiff ins Leben angefangen und arbeite momentan auf einer 60-Prozent-Teilzeitstelle. Ich merke bei vielen Sachen, dass ich in der Arbeit nicht so vorankomme, wie ich es gerne hätte und dass es schwierig ist, immer auf beiden Schienen einhundert Prozent zu geben. Und da ich relativ perfektionistisch veranlagt bin, bremst mich das gegenseitig ein bisschen aus.“
Ist es mit einem extremen Aufwand verbunden, Fußball auf diesem Niveau mit dem Job zu vereinbaren?
„Definitiv. Man merkt es natürlich, wenn man um sechs Uhr aufgestanden ist, morgens gearbeitet hat und dann abends noch ins Training geht. Das ist etwas anderes, als wenn man sich einfach nur auf Fußball konzentrieren kann. Ich bekomme es momentan trotzdem gut hin. Aber die Überlegung war: Entweder suche ich nochmals eine attraktive Auslandserfahrung oder ich fokussiere mich wirklich ganz auf die Arbeit. Das müssen wir gucken.“
      Es liegt nicht daran, dass Du sportlich nicht mehr mithalten kannst?
„Ich glaube, ich kann definitiv auch noch zwei, drei Jahre auf diesem Niveau spielen. Ich habe keine Verletzungen, fühle mich fit und bin immer noch Stammspielerin. Ich habe immer noch den gleichen Spaß am Fußball wie vor zehn Jahren. Das ist nicht der Grund. Es liegt einfach an dieser beruflichen Schiene. Oft sind Meetings etwa erst um 17 Uhr und da muss ich dann absagen, weil ich ins Training muss. Solche Dinge stören mich eben persönlich.“
Ist es nicht etwas traurig, dass Du vielleicht am vorletzten Spieltag im Heimspiel gegen Frankfurt dann nicht von den Fans verab- schiedest wirst, dass Deine Zeit bei der TSG dann vielleicht sogar recht still und leise zu Ende geht?
„Ja, auf jeden Fall. Aber für mich persönlich ist es nicht still und leise. Ich habe irgendwie jetzt auch in der Krise für mich selbst erfah- ren, dass es wichtig ist, dass man sich selbst zurücknimmt, weil es einfach um das große Ganze geht. Und es gibt so viele tragischere Schicksale als am vorletzten Spieltag keinen Blumenstrauß zu bekommen. Von daher sehe ich das relativ gelassen.“
 Und was hat Dir der Fußball gegeben? Was hat Dir die TSG gegeben?
„Ich war nie an dem Punkt, dass ich gesagt habe, Fußball ist mein Leben. Aber das Leben durch den Fußball ist super toll. Ich habe einfach ganz viele verschiedene Personen kennengelernt, mich selbst auch erfüllen können. Fußball hat mir auf jeden Fall Disziplin gelehrt. Ich habe in vier verschiedenen Ländern Fußball gespielt, in Deutschland, Island, Portugal und Spanien jeweils in der obersten Liga. Ich habe dadurch vier verschiedene Kulturen kennengelernt. Und bei der TSG haben wir in den Anfängen 2010 drei- oder viermal die Woche trainiert – mittlerweile sind es sechs, sieben Einheiten. Das ist auch schön, dass man so ein Stück weit die Professionalisierung des Frauenfußballs miterlebt hat.“
 VEREIN




















































































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