Page 53 - Spielfeld_Juni_2020
P. 53

SPIELFELD TSG HOFFENHEIM 53
  Du hast in einem Interview im Deutschlandfunk Mitte Mai gewisse Sorgen erkennen lassen, ob das so richtig ist, die Bundesliga-Saison wieder zu starten. Da klangen Zweifel durch, ob das Risiko wegen des Coronavirus nicht zu groß ist. War das in den Tagen vor dem Re-Start auch noch so?
„Rückblickend kann man das ganz anders interpretieren. Die Lage hat sich während der Coronakrise ja fast täglich geändert. Ich glaube, vor einem Monat hatte ich vor allem auch moralische Zweifel, weil ich einfach ein komisches Gefühl hatte, dass die halbe Bevölkerung oder Gesellschaft noch in den eigenen vier Wänden gefangen ist und wir dann schon wieder auf dem Platz trainieren, dass wir Testkapazitäten verbrauchen, die vielleicht andere Menschen benötigen. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern. Mein Mann ist Spanier, so dass wir die schwierige Lage dort sehr gut mitbekommen haben. Dort war es eben nochmal deutlich härter als in Deutschland. Als wir in der Quarantäne-Woche zum Training gefahren sind und ich gesehen habe, wie dicht gedrängt die Leute teilweise in den Eisdielen saßen, da hatte ich das Gefühl, dass wir als Sportlerinnen uns doch noch mehr an die Regeln halten als die Gesellschaft insgesamt. Damit waren meine moralischen Zweifel eher wieder gesunken. Deutschland ist insgesamt aktiver und offener geworden, während wir im Fußball die Regeln konsequent durchziehen.“
Einerseits öffnet sich vieles wieder und die Regeln werden gelockert. Andererseits werden im Fußball Spiele ohne Zuschauer weiter mit strikten Vorschriften ausge- tragen. Findest Du diese Szenerie nicht auch irgendwie seltsam?
„Definitiv. Aber es gibt auch manchmal das Gefühl, dass man sich zu sicher fühlt und dass man dann vergisst, was diese Pandemie eigentlich ausgelöst hat oder vielleicht auch noch auslösen kann. Durch diese Rückkehr zur Normalität ist man ein bisschen geblendet. Ich glaube, wir alle sollten im Hinterkopf haben, dass wir immer noch in der Pandemie sind und dass man wirklich aufpassen muss, da es um die Gesundheit geht. Das wird manchmal ein bisschen verharmlost. Ich glaube aber, dass das Virus, gerade was Leistungssportler angeht, wahrscheinlich noch sekundäre Effekte hat, die noch gar nicht richtig erforscht sind. Viele Spielerinnen übergehen das und denken da nicht dran, es ist vielleicht auch in gewisser Weise ein Verdrängungseffekt.“
Wie oft wurdet Ihr bis Ende Mai auf das Coronavirus getestet?
„Sieben Mal, immer zweimal pro Woche. Das wird bis Saisonende fortgesetzt, meist sind die Tests am Montag sowie Donnerstag oder Freitag.“
Und wie läuft es mit den Abstandsregeln? Sitzt Ihr bei einer Teambesprechung ganz weit auseinander? Habt Ihr beim Essen jeder einen eigenen Tisch? „Ja. (lacht) Auch ganz oft auf dem Platz, wenn irgendwas besprochen wird, stehen wir als Team weit auseinander oder halten im Seminarraum einen entsprechenden Abstand. Und immer haben wir die Masken auf, zum Beispiel wenn wir zum Training fahren.“
      „Wir wollen definitiv um die Champions League kämpfen. Es ist auch wichtig, dass wir dieses Ziel noch haben ... Das ist für unsere Motivation nochmals ganz wichtig.“
Nach der langen Pause mit dem Re-Start liegt vor Euch gleich ein ganz strammes Programm mit sieben Spielen in den ersten vier Wochen. Englische Wochen kommen im Frauenfußball nicht sehr oft vor, jetzt habt Ihr sie andauernd. Wie groß ist diese Herausforderung?
„Als wir Mitte Mai das erste Mal Mannschaftstraining hatten, da hat man schon gemerkt: ‚Uff, da fehlt schon noch einiges.‘ Es ist natürlich noch- mal eine andere Belastung, wenn man dann dreimal in der Woche spielt. Das muss man mit einem breiten Kader ausgleichen. Wir haben das Glück, dass wir momentan immer um die zwanzig Spielerinnen sind. Und man kann ja auch bis zu fünfmal wechseln. Diese Rotation wird viel ausmachen.“
























































































   51   52   53   54   55