Page 93 - Spielfeld_Mai_2020
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  SPIELFELD TSG HOFFENHEIM
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Timo Gross
Durch die EM 2012 zur TSG und vom Praktikanten zum Co-Trainer
Die EM 2012 ist kein Turnier, an das sich deutsche Fußballfans gern erinnern. Mario Balotelli erledigte die DFB-Auswahl im Halbfinale im Alleingang – ein
Turnier zum Vergessen. Nicht aber für Timo Gross. Der Co-Trainer Analyse der TSG Hoffenheim erinnert sich gern an die Endrunde in Polen und der Ukraine. Sie sollte das Leben des gebürtigen Karlsruhers nachhaltig verändern.
Gross war damals im inoffiziellen Einsatz für den DFB. „Ich studierte an der Deutschen Sporthochschule in Köln. Vor der EM wurde dort das ‚Team Köln 2012‘ gegründet. Die Studenten haben für die Nationalmannschaft Spiele und Gegner analysiert und die Ergebnisse an den DFB weiterge- geben.“ Eine intensive, lehrreiche und vor allem spannende Erfahrung, die der Arbeit „in einem Start-Up“ glich und große Folgen für die berufliche Entwicklung hatte: „Das war eine wertvolle Zeit. Ich wusste nun, was ich machen will und erhielt dann die Chance, mein sechswöchiges Pflichtpraktikum bei der TSG zu absolvieren.“
Gross blieb der TSG eng verbunden und entschied sich, nach dem Bachelor-Abschluss auf den eigentlich ange- strebten Master-Studiengang zu verzichten – und erhielt 2014, nach einem weiteren, nun sechsmonatigen Praktikum eine Festanstellung in der Akademie.
Die Akademie war (und ist) ein Sammelbecken talentierter und zielstrebiger Mitarbeiter, die wenige Jahre später den Kern des Profi-Umfelds prägen sollten. Julian Nagelsmann trainierte die U19, Torwarttrainer Michael Rechner arbeitete dort mit den Torhütern, Matthias Kaltenbach neben dem Studium als Co-Trainer und Benjamin Glück verantwor- tete das Feld der Spielanalyse. Ein perfektes Umfeld für junge, aufstrebende Menschen. Experimentierfreude und Interesse an Innovationen war bereits in diesen Jahren groß. „Hoffenheim stand schon damals für breit gefächerte
Analysen. Es gibt hier keine Scheuklappen und wir konnten viel ausprobieren.“ Gross war zur rechten Zeit am rechten Ort. Vor allem, da speziell Spielanalysen rasch an Bedeu- tung gewannen. „Es war ein toller Einstieg für mich. Ich habe knapp drei Jahre als Koordinator und als U19-Analyst gearbeitet und in dieser Zeit mit Trainern wie Julian Nagels- mann, Matthias Kaltenbach, Domenico Tedesco und Marcel Rapp direkt zusammengearbeitet.“ Als sich die TSG 2017 für die Europa League qualifizierte, folgte der Aufstieg zu den Profis. „Ich bekam die Möglichkeit, Benjamin Glück in seiner Arbeit zu unterstützen. Durch die Herausforderung Europa League und die neuen Projekte auf diesem Gebiet wurde eine Position für mich geschaffen. Wir wussten, wie der andere tickt und konnten uns sehr gut ergänzen. Es war der perfekte Einstieg in den Profi-Fußball.“
Nach dem Wechsel Benjamin Glücks zu RB Leipzig wurde Gross im Sommer 2019 erneut befördert: Aus dem Koor- dinator Spielanalyse wurde der Co-Trainer Analyse und verantwortlicher Leiter der „Abteilung Spielanalyse“ der TSG Hoffenheim.
Kai Krüger (links) und Timo Gross bei der Spielanalyse. Sie gehörten zur rund 50-köpfigen Projektgruppe, die den Trainerstab um Joachim Löw mit frischen Analysen über die deutschen EM-Gegner versorgten.
   SA SO MO DI MI DO FR SA
Hochbetrieb in der Abteilung Spielanalyse. Gegnerbesprechung mit dem übrigen Trainerstab und die Matchplan-Anferti- gung sind ein fortlaufender Prozess. Das Trainerteam berät sich, sucht in den Videoaufzeichnungen nach Stärken und Schwächen des Gegners sowie Lösungsmöglichkeiten. Timo Gross und sein Team stürzen sich zudem in die Detailarbeit: Verhaltensmuster einzelner Spieler werden erstellt und in Video-Clips zusammengeschnitten, um die TSG-Profis mit Individual-Analysen der Gegenspieler zu versorgen. „Extrem viele Daten der Spieler sind mittlerweile abrufbar. Unsere Arbeit geht aber weit über Attribute wie ‚kopfballstark‘ oder ‚schnell‘ hinaus. Darüber hinaus können wir durch die Video- sequenzen leichter und besser Lösungswege aufzeigen sowie Tipps für das jeweilige Spiel und den Gegenspieler geben“, sagt Gross – und weiter: „Es sind von uns gefilterte Hinweise, die sich per Video leichter abspeichern lassen. Vor allem für junge und unerfahrene Spieler sind die Hilfen sehr wichtig.“ Die TSG-Profis bekommen durch Technik des Soft- ware-Partners SAP Videos und Informationen, die sie sich zu Hause anschauen und mit denen sie sich auch nach den Einheiten in Zuzenhausen auf das Spiel vorbereiten können.
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