Page 8 - Spielfeld_Mai_2020
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  Karl Wald hat es sogar zu einer eigenen Autogrammkarte geschafft.
Kinder, wie die Zeit vergeht ADUELL VOM PUNKT
m 30. Mai 1970 ergriff Karl Wald, ein Unparteiischer aus dem oberbayerischen Penz- berg, als einfacher Delegierter beim 12. Schiedsrichter-Verbandstag in München das Wort. Sein Antrag auf Regeländerung, gestellt vor nunmehr exakt 50 Jahren, sollte
historisch werden und den Fußball für immer verändern: „Herr Präsident“, sagte Wald an Hans Huber gerichtet, den damaligen Präsidenten des Bayerischen Fußball-Verbandes und zugleich DFB-Vizepräsidenten, der als erbitterter Gegner der Wald‘schen Idee galt: „Ich habe Ihnen heute Morgen einige Stunden sehr diszipliniert zugehört und bitte Sie nun, mir fünf Minuten ebenfalls zuzuhören." Es folgte ein großer Applaus, der Karl Wald bestärkte – und so brachte der damals 54-Jährige den Antrag ein, ab sofort zum Zweck der Spielentscheidung das Elfmeterschießen als Methode festzulegen.
Was heute banal klingt, war seinerzeit eine Revolution. Bis dahin waren die Partien, so sie nach der Verlängerung noch remis standen, durch ein Wiederholungsspiel entschieden worden – stand es auch dort nach 120 Minuten unentschieden, wurde der Sieger per Münzwurf ermit- telt. Wald wusste sehr genau, wovon er sprach: Mehr als 1000 Spiele bis hinauf zur Oberliga als damals höchster Spielklasse hatte er zuvor geleitet, in der Bundesliga kam er wegen des Erreichens der Altersgrenze nur noch einmal als Linienrichter zum Zuge. Die Ungerechtigkeit eines Münzwurfs war ihm stets ein Dorn im Auge geblieben – und so nutzte er seine Chance für mehr Gerechtigkeit auf dem Rasen, als er selbst bereits abseits stand: „Meine Kameraden, ich bitte Sie, geben Sie dem Antrag grünes Licht, nach dem Motto: Der Erfolg rechtfertigt alles, vielen Dank." Es war ein verbaler Angriff auf den Präsidenten – der prompt reagierte. Nach einer 30-minütigen Unterbrechung der Sitzung stellte sich jener Hans Huber wieder ans Pult: „Herr Wald, der Spielausschuss hat soeben entschieden, das Elfmeterschießen ab der neuen Saison im September einzuführen, sind Sie damit einverstanden?“ Karl Wald hatte das Duell vom Punkt, dem Rednerpult, gewonnen. Mit Beginn der Saison 1970/1971 wurde in Bayern das Elfmeterschießen eingesetzt. Der DFB und die internationalen Verbände UEFA und FIFA schlossen sich mit Verzögerung an – und so wurde das DFB-Pokal-Achtelfinale Alemannia Aachen – Werder Bremen am 3. August 1970 zur letzten Partie, die im deutschen Profifußball per Los entschieden wurde. Aachen gewann, weil es die Münze so wollte.
Der Sieger des damals so neumodischen Elfmeterschießens aber war der gesamte Fußball. Karl Wald, der Friseur aus Penzberg, hatte dem Sport diesen unglaublichen Thrill beschert. Übrigens: Der erste Sieger war der FC Schalke – in der 1. Runde des DFB-Pokals siegten die Gelsenkirchener am 23. Dezember 1970 mit 3:1 im Elfmeterschießen gegen den VfL Wolfsburg.
  Härringers Ecke
 © 2020 Christoph Härringer, www.facebook.com/Spottschau
MIXED ZONE
Die TSG Hoffenheim gratuliert zum Jubiläum!
























































































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