Page 12 - Spielfeld_März_2020
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I hlas, seit neun Monaten lebst Du in Heidel- berg, zuvor in Hannover und Düsseldorf. Aufgewachsen bist Du aber in Togo. Wie
war das Leben dort?
„Wir haben in Sokodé, der zweitgrößten Stadt
Togos, in einem schönen Haus gewohnt. Mein
Vater ist Musiker gewesen und hat nebenbei
noch als Bauarbeiter gearbeitet. So hat er
unser Haus quasi selbst mitgebaut. Er hatte
Platz für ein eigenes Studio, ich hatte eine
Nintendo-Konsole und habe Mario Kart
gezockt. Zudem hat meine Oma oft auf mich aufgepasst, sie hat in einem nahegelegenen Dorf gewohnt, da bin ich mit meiner zwei Jahre jüngeren Schwester oft gependelt. Meine Kindheit war sehr schön.“
War der Fußball schon früh Bestandteil Deines Lebens?
„Ich habe täglich draußen Fußball gespielt – und zwar so, wie man es klischeehaft immer hört: barfuß und mit einem selbst gebastelten Ball. Ich weiß selbst nicht, wie wir das Ding hergestellt haben. Er war aus ganz vielen Teilen zusammengewürfelt, aber man konnte damit kicken. Tore haben wir aus Stöcken gebaut und los ging’s.“
Im Alter von elf Jahren änderte sich Dein Leben komplett. Du bist 2005 nach Deutschland gezogen ...
„Meine Mutter hatte zuvor schon seit sechs Jahren in Deutschland gearbeitet und wir wollten die Familie wieder zusammenführen. Ich wusste allerdings überhaupt nichts über Deutschland, es gab damals bei uns noch kein Internet und ja auch keine sozialen Netzwerke. So hatte ich wirklich keine Vorstellung, was auf mich zukam. Wir sind gelandet, und ich war in einer völlig anderen Welt – alles war neu: Alles sah sauber aus, es gab Hochhäuser, das war schon ein unvergessliches Gefühl, was in der digitalisierten Welt heute nur noch schwer vorstellbar ist.“
Wie waren die ersten Eindrücke?
„Wir kamen im November an und sind in die Nähe von Düsseldorf gezogen. Es war unglaublich kalt und nach ein paar Wochen hat es das erste Mal geschneit. Ich hatte noch nie Schnee gesehen, das war eine lustige und vor allem beeindruckende Erfahrung. Ich wusste ja gar nicht, dass es überhaupt Schnee gibt. Wenn du vorher noch nie so etwas gesehen hast und dann fallen plötzlich weiße Flocken vom Himmel – das war schon großartig. Wir haben dann im Schnee gespielt und Schneeballschlachten gemacht. Das war natürlich ein krasser Kontrast zu meinem vorherigen Leben in Afrika. Es war insgesamt eine riesige Umstellung für mich: Ich kam als kleiner Junge in ein Land, in dem plötzlich alle Menschen weiß waren. Das war am Anfang schon seltsam.“ (lacht)
Wie bist Du zurechtgekommen?
„Mein Onkel hat mich direkt im örtlichen Fußballverein angemeldet, dadurch habe ich schnell Freunde kennengelernt. Das ging auch in der Schule trotz der Verständigungsprobleme schnell. Wir hatten vier Stunden am Tag Deutsch und haben erst im Anschluss daran die anderen Fächer gelernt. Darum konnte ich nach ein, zwei Jah- ren schon wirklich sehr gut sprechen und habe mich schnell wohl gefühlt.“
  PROFIS















































































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