Page 38 - Spielfeld_Februar_2020
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Die Fußballbrücke ANMERKUNGEN ZUR DEUTSCH-ISRAELISCHEN SPORTGESCHICHTE
Symbol der Annäherung: Die DFB-Delegation um Präsident Hermann Neuberger (l.) besucht 1987 die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem, dabei sind auch die Nationalspieler (v.r.) Alois Reinhardt, Rudi Bommer, Lothar Matthäus und Klaus Allofs sowie DFB-Schatzmeister Egidius Braun.
Von Jochen Hieber
Seit Beginn des Jahres gehören mit dem Stürmer Munas Dabbur und dem Mittelfeldtalent Ilay Elmkies zwei Nationalspieler Israels zum Profikader der TSG. Ganz neu ist das nicht. 2008/09 standen Roberto Colautti und Gil Alberman im Aufgebot der Gladbacher Borussia. 2011/12 spielten
Gil Vermouth und Itay Shechter für den 1. FC Kaiserslautern. Neu an der Hoffenheimer Situation ist, dass mit Dabbur und Elmkies erstmals ein arabischer und ein jüdischer Israeli Teil einer deutschen Mannschaft sind.
PROFIS
Israel zählt gut neun Millionen Einwohner, etwas mehr als 1,8 Millionen von ihnen sind Araber. Seit 2018 wird die Nivcheret, das Nationalteam
der Fußballer, vom Österreicher Andreas Herzog trainiert. Über die Play-Offs besteht Ende März noch eine Chance, an der Europameisterschaft im Sommer teilzunehmen. Herzog, schrieb der Sozio- loge Natan Sznaider jüngst im Wiener „Standard“, lasse „mehr Nichtjuden in der Nationalmannschaft des jüdischen Staates spielen denn je zuvor“ – mal sechs, meist vier. Der Muslim Dabbur, der 1992 in Nazareth zur Welt kam, ist ein Star der Nivcheret, der Jude Elmkies, 2000 in Nahariya geboren und seit 2015 in der TSG-Akademie, deren jüngstes Mitglied. Herzogs besonnene Art, so Sznaider, mache es möglich, dass „der Fußball gänzlich außerhalb des schwierigen Verhältnisses von Arabern und Juden stehen“ könne, sogar eine Art „integrative Idylle“ sei.
Der Sport, damit auch der Fußball, wird weder die Probleme in Israel selbst befrieden können noch den weit komplexeren Nahostkonflikt. Aber er kann zu mehr Duldsamkeit, Verständigung, Toleranz bei- tragen. Als schwierige, zugleich stabile Demokratie bietet Israel dafür einen verlässlichen Rahmen, den einzigen übrigens im Nahen Osten. Die Demokratie des 1948 proklamierten Staates – der jüngst ver- storbene Dichter Amos Oz nennt ihn „eine Gründung aus der Asche des Holocausts“ – war es auch, die von den 50er Jahren an das allmähliche Gedeihen der deutsch-israelischen Beziehungen ermöglichte. Dem Sport und nicht zuletzt dem Fußball kommen dabei bemerkenswerte Rollen zu.

























































































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