Page 17 - Spielfeld_Januar_2020
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SPIELFELD TSG HOFFENHEIM
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Rettig: „Der Fußball verliert die Menschen, die sich wegen der goldenen Steaks abwenden. Und der nächste TV-Vertrag führt nur dazu, dass der Spieler das Steak mit Platin bestreichen lassen kann. Das Verbindende geht verloren. Vielleicht bin ich zu ge- fühlsduselig, wenn ich das Singen vor dem Spiel, wenn das Vereinslied gespielt wird, als etwas Großartiges bezeichne. Das ist etwas Verbindendes an einem Ort der Gemeinschaft. Die Gefahr, dass die Kraft des Fußballs nachlässt und bei vielen Menschen eine emotionale Entfremdung eintritt, liegt auch daran, dass wir keine glaubwürdigen Persönlichkeiten mehr haben. Die Infantinos dieser Welt und korrupten Vögel überall – die strahlen natürlich auch negativ auf den Fußball insgesamt ab. Aber so geht es auch der Kirche, die sich von Skandal zu Skandal hangelt. Auch in der Politik haben wir kaum noch Gesichter, die für Glaubwürdigkeit stehen.“
Haltung, Werte. Themen, bei denen Dietmar Hopp und Andreas Rettig offenkundig auf einer Wellenlänge liegen. Dietmar Hopp hat bereits 2001 den Verein Anpfiff ins Leben gegründet, um Jugendlichen über den Sport eine Orientierung und Perspektiven zu vermitteln.
Sollte einer der Schwerpunkte also künftig darin liegen, dass die Nachhaltigkeit im Fußball ebenso wie die soziale Verantwortung, als Corporate Social Responsibility (CSR) bekannt, stärker betont wird? Hopp: „Ich habe schon einmal in einem Interview gesagt, dass jeder Klub verpflichtet werden sollte, drei Prozent des Etats für CSR-Projekte aufzuwenden. Das finde ich sowohl angemessen als auch leistbar. Leider fand der Vorschlag kein Gehör.“
Rettig: „Ich kann da nur zu 100 Prozent beipflichten. Wir könnten zum Beispiel CSR-Verantwortliche für die Klubs verpflichtend machen, genauso wie die Vereine Fan-Verantwortliche einstellen mussten. Die wichtigsten Themen, nämlich Nachhaltigkeit und Zukunft, sind bei der DFL nicht besonders ausgeprägt. Dabei müsste bei einem Umsatz von 4,6 Milliarden Euro pro Jahr auch in Forschung und Entwicklung investiert werden.“
Hoffnungen verbinden Dietmar Hopp wie Andreas Rettig mit dem neuen DFB-Präsidenten Fritz Keller. Der frühere Boss des SC Freiburg genießt einen tadellosen Ruf, ist ein erfolgreicher Unternehmer, gilt aber zugleich auch als bodenständiger Mensch mit wertkonservativer Haltung.
Rettig: „Wir stehen vor der Grundsatzfrage, wo wol- len wir im Fußball hin? Wollen wir mehr eine Kon- zerndenke, angestellte Manager und Geschäftsführer, die sagen, wir orientieren uns als erstes am Unter- nehmens- bzw. Aktienwert und nach uns die Sintflut? Oder wollen wir eher in Familienbetrieben denken, die in Generationen ausgerichtet sind und in lang- fristigen Zeitachsen denken und handeln. Wir sollten die bodenständigste, die sozialste und nachhaltigste Liga werden. Dies wäre eine neue DNA für die Bun- desliga, für die es sich zu kämpfen lohnt. Die jungen Leute gehen heute mit 15 für solche Themen auf die Straße. Wenn ich sehe, wie die Generation Z tickt, dann ist es perspektivisch für den Fußball-Standort Deutschland ein echter Wert, wenn man glaubwürdig sagen kann: ‚Hier bei uns gehen die Uhren anders.‘ Und wenn wir dann einen Pokal weniger gewinnen, dann ist es halt so.
 Fans fordern mehr soziales Engagement
Laut einer aktuellen Studie wird von den Verei- nen der Bundesliga mehr soziales Engagement erwartet. Drei von vier Fußball-Interessierten können sich an kein soziales Engagement aus dem Fußball erinnern. Dies ist eines der Ergeb- nisse einer Studie zum Thema Corporate Social Responsibility (CSR) des Marktforschungs- unternehmens Impact & Emotions. Bei der Umfrage wurden 1000 Personen zwischen 16 und 59 Jahren befragt. Rund zwei Drittel der Befragten (65 %) erwarten von den Vereinen in Zukunft mehr soziales Engagement. Lediglich sieben Prozent wollen, dass sich die Klubs nur auf den Sport konzentrieren und sich weniger sozial einbringen. Insbesondere Aktionen, die Kindern und Jugendlichen zugutekommen, sollen laut der Studie umgesetzt werden. Außerdem werden Aktionen für sozial benachteiligte Per- sonen sowie gegen Ausländerfeindlichkeit von den Fußball-Interessierten bevorzugt.
Laut der Studie findet zudem nur jeder Zweite, dass Fußballprofis ihre Vorbildfunktion in der Gesellschaft erfüllen. Im Ranking landen Fuß- baller zwar vor Politikern, aber deutlich hinter Künstlern oder anderen Spitzensportlern.
























































































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