Page 58 - Spielfeld_Dezember_2019
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Glanz ohne Attitüde
Seit einem Jahrzehnt spielt Tabea Waßmuth schon für die TSG, von den C-Juniorinnen über die U20 in die Bundesliga, schaffte sie es zuletzt gar bis ins DFB-Aufgebot. Eine Hoffenheimer Karrierefrau. Und nebenbei studiert die 23-Jährige Psychologie. Endgültig erklären kann sie den Höhenflug der TSG-Frauen aber auch nicht.
 Technisch geschickt und dynamisch:
Tabea Waßmuth im Zweikampf mit Dorá Zeller.
D ie vermeintliche Prominenz ist ihr sichtlich unangenehm. Als der SPIELFELD-Fotograf an diesem frühen Herbstabend die Lichter
aufbaut mitten auf dem Ehrenhof des Mannheimer Barockschlosses, schaut sich Tabea Waßmuth fast schon peinlich berührt um. Links und rechts wuseln die Studenten vorbei, die hier zu Universität gehen. Interessierte Blicke gehen in Richtung der jungen Frau mit dem Rucksack, die im Mittelpunkt des Blitzlichtgewitters steht. Man sieht förmlich die Fragezeichen in ihren Gesichtern: Das ist doch eine Kommilitonin, oder? Saß die nicht gerade mit im Hörsaal bei der Psychologie-Vorlesung? Und so sieht sich auch Tabea Waßmuth. Zumindest hier, als Studentin. Es ist fast so, als geniere sie sich vor ihren Mitstudenten für ihre Leidenschaft – den Fußball. Denn längst nicht alle Mitstudenten wis- sen, dass Tabea Waßmuth für die TSG Hoffenheim in der Fußball-Bundesliga spielt. Tabellenplatz 2, Pokal-Viertelfinale erreicht, dazu im Herbst erstmalig nominiert für die deutsche Nationalmannschaft. Tabea Waßmuth aber fehlt, ohne Koketterie, die Routine im Umgang mit dem Scheinwerferlicht.
Dabei hätten sich die Fußballfrauen der TSG Hof- fenheim und auch Waßmuth persönlich größere Aufmerksamkeit verdient angesichts des steilen Aufstiegs des Klubs. Acht Siege aus den ersten neun Liga-Partien – einzig die Übermannschaft des VfL Wolfsburg, die verlustpunktfrei an der Ta- bellenspitze thront, konnte das Team von Trainer Jürgen Ehrmann besiegen. „Es ist alles noch sehr irreal“, gesteht Waßmuth. „Natürlich: Wir sind als Team zusammengeblieben, waren eingespielt, die Automatismen sitzen. Da spielt uns viel in die Kar- ten, so dass dieser zweite Platz nicht zufällig ist. Aber zur Wahrheit gehört auch: Wir haben bisher oft das Glück auf unserer Seite. Spiele wie gegen Freiburg (5:1; d. Red.) können wir genauso gut 0:3 verlieren.“ Hat die TSG in dieser Spielzeit aber nicht und gemäß des Thomas-Müller-Credos „Immer Glück ist Können“ darf ja im Kraichgau auch mal ein wenig geträumt werden. „Es muss schon sehr viel sehr gut laufen, damit es diese Saison schon für die Champions-League-Qualifikation reicht. Das ist noch ein sehr langer Weg.“
Aber Tabea Waßmuth ist weite Wege gewohnt. Qua- si seit ihrer Geburt. Nicht nur im übertragenen Sinne. In ihrem Personalausweis ist Gießen als Geburtsort vermerkt – obgleich Tabea Waßmuth überzeugte Badenerin ist und die ersten 13 Lebens- jahre in der Nähe von Karlsruhe verbrachte. Sie kam einfach sieben Wochen zu früh auf die Welt, als ihre Mutter gerade zum Besuch bei den Eltern war. Un- geplant – das trifft auch ein wenig auf ihre Fuß- ball-Karriere zu. „Es gab nicht den einen Tag X, den speziellen Moment, wo ich gedacht habe, ich kann es schaffen, ich kann Bundesliga spielen“, sagt Waßmuth, als sie nach dem Fototermin im Mann- heimer Café Novus sitzt. Ihr Blick bekommt diesen strahlenden Ausdruck, die Augen wirken größer, sie versprüht eine fast kindliche Freude, als sie sagt:
VEREIN

























































































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