Page 10 - Spielfeld_November_2019
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 Kinder, wie die Zeit vergeht
 Die Masse trägt Pelé, „O Rei“ trägt den Ball, mit dem er das 1000. Tor seiner Karriere erzielt hat.
Vor 50 Jahren schrieb ein Mann Geschichte, der schon zuvor zur Legende geworden war: „O Rei“, der König, wurde Edson Arantes do Nascimento genannt – oder einfach nur: Pelé. Am 19. November 1969 unternahm der Brasilianer einen weite- ren Anlauf, eine noch immer unwirkliche Schallmauer zu durchbrechen – die Marke von 1000 Toren. In den Wochen zuvor hatte sich Pelé nah an sein Ziel herangeschossen. Doch dann, als die 1000 Tore ganz nah waren, ebbte die Torflut plötzlich ab. „Ich war nervös wie ein Jüngling. Ich wünschte mir so sehr, dass ich
der ganzen Welt ärgerlich wurden – sie hatten Korrespondenten hergeschickt, die täglich viel Geld kosteten, aber nie die erwartete Geschichte ablieferten.“
Doch am 19. November erfolgt die Erlösung: Zum sportlich bedeutungslosen Spiel zwischen Vasco da Gama und dem FC Santos kommen trotz hefti- gen Regens rund 80.000 Fans ins Maracana. Pelé enttäuscht sie nicht: Per Strafstoß trifft er – und der Wahnsinn beginnt: Fans stürmen auf den Platz, nehmen den Torschützen auf ihre Schultern, ent- reißen ihm sein Trikot. Er bekommt ein Neues, auf dem Santos-Shirt prangt die Nummer 1000. Pelé weint. „Ich fühlte mein Herz schlagen und war froh, dass es nun endlich vorbei war.“ Auch wenn er seinen historischen Treffer lieber aus dem Spiel heraus erzielt hätte.
Später sagt er: „Michelangelo hat gemalt, Beethoven Klavier gespielt und ich Fußball.“ Und ja, er ist ein Künstler auf dem Rasen, der seine Karriere 1977 nach 1281 Kunstwerken in Form von Toren beendet. Die Fifa krönte ihn zum Fußballer des 20. Jahrhunderts und selbst das IOC setzte ihn bei der Milleniumswahl auf Rang eins der Weltsportler – obwohl er nie an Olympischen Spielen teilgenommen hatte. Doch für „O Rei“ gelten nun mal andere Gesetze.
endlich dieses verflixte Tor schießen würde, damit ich endlich wieder meine Ruhe hätte. Ich sah die schreckliche Vision vor mir, dass ich jahrelang kein Tor mehr schießen würde und immer noch hinter dieser Zahl 1000 herliefe. Wenn ich nur in die Nähe des Torraums kam, gab es ein Blitzlichtgewitter der Fotografen, das mich irritierte. Ich konnte mir vorstellen, dass Zeitungen und Radiostationen in
Härringers Ecke
  © 2019 Christoph Härringer, www.facebook.com/Spottschau
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