Page 8 - Spielfeld_Juni_2019
P. 8

 Kinder, wie die Zeit vergeht
  D ie Pf iffe sind laut. Sie gelten nur ihm. Und sie ertönen bei jedem Ballkontakt. Franz Beckenbauer hat seine ganz eigene Art, mit dem gegen ihn gerichteten Lärm
umzugehen. Als Torwart Sepp Maier ihm den Ball zurollt, jongliert der Kaiser seelenruhig mit der Kugel vor den immer lauter pfeifenden Schalker Fans. Etwa 30 Sekunden lang, dann lässt der damals 23-Jährige den Ball für einen Augenblick auf seinem Fuß liegen, um ihn dann weiterzuspielen. Eine Demonstration der Stärke, eine Provokation – noch dazu eine erfolgreiche: Die Pfiffe verstummen.
Ein Ästhet am Ball – und überaus erfolgreich: Franz Beckenbauer.
HÄRRINGERS ECKE
Es war eine legendäre Szene im Finale des DFB-Pokals, das der FC Bayern am 14. Juni 1969, vor einem halben Jahrhundert, 2:1 gegen den FC Schalke 04 gewann. 64.000 Zuschauer im Frankfurter Waldstadion waren verzückt von einem Spiel, dem man nach heutigen Maßstäben sicherlich ein Tempo-Defizit bescheinigen kann. Dennoch wird beim Blick auf die wacke- ligen TV-Bilder des Spiels auch 50 Jahre nach dem Finale klar, welch grandioser Spieler der damals 23-jährige Beckenbauer war. Seine Außenrist-Pässe, seine aufrechte Haltung, wenn er sich ins Offensivspiel einschaltete – und nicht zuletzt seine Chuzpe, sich den Schalker Pfiffen entgegenzustellen. Ein großer, kaiserlicher Auftritt.
Franz Beckenbauer präsentiert voller Stolz den DFB-Pokal.
    8
© 2019 Christoph Härringer, www.facebook.com/Spottschau


























































































   6   7   8   9   10