Page 13 - Spielfeld_Juni_2019
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  Profis
Dr. Peter Görlich und Frank Briel bilden das Geschäftsführer-Duo der TSG Hoffenheim. Gemeinsam haben sie den Klub in den vergangenen Jahren sportlich und wirtschaftlich zu immer neuen Höhen geführt. SPIELFELD geben beide nun das erste gemeinsame Interview – und sprechen über den Aufstieg des Klubs, die veränderte Erwartungshaltung und die neue Spielzeit mit Chefcoach
Alfred Schreuder.
Wie enttäuscht waren Sie, als am 18. Mai die
Bundesliga-Saison mit dem 2:4 in Mainz als
Neunter abgeschlossen wurde?
Peter Görlich: „Wenn man die realistische Möglichkeit hatte, die Europa League zu erreichen, dann hadert man schon etwas. Das ist ja auch normal. Aber die Welt ist nicht untergegangen. Wir haben mit Beginn der neuen Saison die Möglichkeit, wieder etwas Außergewöhnliches zu leisten. Und das treibt uns an. Man kann nicht immer auf der Sonnenseite stehen. Wir haben eigentlich eine sehr attraktive Saison gespielt, aber mehrere Male nicht das Ergebnis gebracht, das wir verdient gehabt hätten. Man muss daraus lernen und sich fragen: Was und wie ist das passiert? Wo können wir uns verbessern? Für mich ist der neunte Platz mehr ein Ansporn, dass wir nicht nochmal so kurz vor dem Ziel scheitern.“
Zu dieser Saison gehört nicht nur der 34. Spieltag, sondern auch der erstmalige Auftritt in der Cham- pions League.
Frank Briel: „Es war für den ganzen Klub eine herausragende Erfahrung. Ich bin, ganz unabhängig vom Sportlichen, stolz darauf, wie wir uns als Klub präsentiert haben, nicht nur als Veranstalter bei den offiziellen Terminen. Wir konnten inter- nationale Kontakte knüpfen und Partnerschaften begründen. Auch in der Wahrnehmung der UEFA und unserer Gegner konnten wir das Bewusstsein gegenüber der TSG Hoffenheim schärfen. Das ist etwas, das abseits des Rasens passiert, aber für die Entwicklung unseres Vereins auch ein Zertifikat dar- stellt. Alle Leute, die daran mitgewirkt haben, haben einen überragenden Job gemacht.“
Görlich: „Wenn man international spielt, hört sich das schillernd an, aber intern bedeutet das eine wahnsinnige Herausforderung. Man steht vor den Fragen, wie werden die Abläufe optimal organisiert? Wie lässt sich die höhere Belastung steuern? Da haben sicherlich die etablierten Klubs Vorteile uns gegenüber. Wir sind in die Saison gestartet, aber haben sofort mitgeteilt, dass der sportlich Verantwortliche sich nach diesem Jahr verabschiedet. Das zu managen war – bei einer zugleich gestiegenen Erwartungshaltung – nicht einfach für den Trainer, aber auch nicht einfach für uns als Klub. Das ist uns ganz gut gelungen. Deswegen empfindet man den neunten Platz danach zwar als enttäuschend. Aber wir wissen einerseits, was wir geleistet haben und anderer- seits, dass wir das Potenzial besitzen, um uns zu verbessern.“
Die TSG hat in den vergangenen drei Spielzeiten eine Entwicklung genommen, die zuvor nicht einmal in Ansätzen zu erkennen war. Nach dem Fast-Abstieg 2016 folgte Europa League, Champions League und in dieser Spielzeit nun das Verpassen des Europacups erst am letzten Spieltag. Dietmar Hopp hat zuletzt kundgetan, ein Platz zwischen sechs und neun wäre die grundsätz- liche Zielmarke. Ab wann sind Sie zufrieden?
Briel: „Der Rahmen hat sich ja nie geändert. Das sollte man sich immer bewusst machen. Damit wird die Leistung der vergangenen drei Jahre auch in ein viel helleres Licht gerückt. Wir sind nach wie vor mit dem gleichen Set-Up unterwegs und verorten uns eigentlich in einer Region zwischen sie- ben und zehn – mit Blick auf Stadion, Umsatzgröße und Einzugsgebiet. Wir sind hier in einer dezentralisierten, ländlichen Struktur angesiedelt, nicht in einer Großstadt. Wir sind noch immer relativ jung in der Bundesliga, auch wenn es jetzt die zwölfte Saison sein wird. Wir sind uns als Unternehmensleitung im Klaren darüber, wo unsere Heimat ist. Wer uns vor der Saison gesagt hätte, wir landen zwischen Platz sechs und neun, dem hätten wir gesagt: Okay, das passt schon, das ist im Rahmen.“
Sie haben gesagt, dass die Welt nicht untergeht, aber im Umfeld, bei den Fans, nehmen wir schon Unzu- friedenheit wahr. Wie gehen Sie mit der gesteigerten Erwartungshaltung um?
Briel: „Wir sind maximal ambitioniert, haben aber, um es mal in der Formel-1-Sprache zu sagen, ein Set-Up, das uns nach allen objektiven Kriterien nicht auf das Siegerpodest fahren lässt. Nur wenn es mal rund läuft, die Strategie rich- tig war, die Boxen-Crew alles optimal gemacht hat und auch der Rennverlauf gut war, können wir vorn dabei sein, aber ansonsten gibt es unser Motor her, dass wir uns zwischen Platz fünf bis neun bewegen. Das ist die Innenperspektive und objektive Herangehensweise, auch wenn wir einen gro- ßen Ehrgeiz haben. Aber die Fan-Seele können wir nicht bestimmen. Natürlich hat die Teilnahme an Europa League und Champions League eine gewisse Erwartungshaltung erzeugt. Das wäre ein Novum, wenn die Fans jetzt sagen würden: ,Hauptsache, wir sind überhaupt noch in der Liga geblieben.‘ Unser Job ist es auch, das zu erklären. Wir wollen nach Europa, aber haben mindestens neun Mitbewerber, die das gleiche Ziel haben, sieben davon können sogar wesentlich mehr wirtschaftliche Mittel für dieses Ziel einsetzen.“
SPIELFELD TSG HOFFENHEIM
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