Page 81 - Spielfeld_Mai_2019
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 Am letzten Abend als DFB-Präsident hielt Reinhard Grindel die Laudatio auf Uwe Seeler. Prägnant wies er darauf hin, wie genau sich in den Gründungsidolen der Hall of Fame die verschiedenen Etappen der jüngeren und jüngsten deutschen Geschichte widerspiegeln. Helmut Rahn und Fritz Walter sind Symbolfiguren des Wiederaufbaus, Netzer und Breitner repräsentieren den Aufbruch von Achtundsechzig, Matthias Sammer steht für das schwierige, aber glückhafte Zueinander- finden von Ost und West. Neben den sinnlichen Eindrücken und Exponaten, die das Deutsche Fußballmuseum bietet und zeigt, ist die Hall of Fame, auf solche Weise betrachtet, nicht zuletzt der angemessene Ausdruck für den Fußball als Kultur- und Gesellschaftsphänomen.
Ganz bewusst werden die Besucher des Museums erst am Ende des Rundgangs in die Ruhmeshalle geführt. Rein raumästhetisch ist das noch nicht gelungen – die Rotunde ist schlicht zu düster.
Man kann das ändern. Eine gute Idee aber ist es, die Porträts der Erwählten leicht verpixelt zu präsentieren: Das gibt ihnen eine schöne Aura von Zeitlosigkeit. Außer den verstorbenen Helden des Wunders von Bern und dem an Demenz leidenden Gerd Müller waren bei der Gala alle Gründungsmitglieder per- sönlich präsent – „trotz hohem Alter“, wie Lothar Matthäus augenzwinkernd anmerkte.
Gewiss, jeder von ihnen hatte und hat jenseits der einstigen Unwiderstehlichkeit und Brillanz auf dem Spielfeld auch ein bürgerliches Leben mit Höhen, Tiefen, Widersprüchen, bis- weilen gar Skandalen. Im Museum sind sie für immer jung. Darüber hinaus zeichnet Idole und Legenden aus, dass wir in ihnen jenen Teil der verlorenen Zeit wiederfinden, die nur sie uns schenken konnten. Es ist die immerwährende kindliche Freude an fußballerischen Fähigkeiten, von denen wir selbst nur träumen und die uns deshalb in bleibendes Staunen und Bewundern versetzen. Noch lässt sich nicht absehen, ob und wann wir in der Hall of Fame einem Nationalspieler, einer Nationalspielerin der TSG Hoffenheim begegnen. Aber wenn es so weit ist, werden wir froh und dankbar sein.
Seit der Eröffnung im Oktober 2015 hat das Deutsche Fußball-Museum in Dortmund bereits mehr als 750.000 Besucher angelockt. Auf einer Veranstaltungs- und zwei Ausstellungsebenen bietet es ein multimediales Universum des deutschen Fußballs von den Anfängen im 19. Jahrhunderts bis zum vierten WM-Triumph der Nationalmannschaft am 13. Juli 2014 in Rio de Janeiro.
SPIELFELD TSG HOFFENHEIM
Legenden des deutschen Fußballs: die Gründungsmitglieder der Hall of Fame an der Außenfassade des Fußballmuseums in Dortmund
DER AUTOR
Der Journalist und Autor Jochen Hieber war von 1983 bis 2017 als Feuilleton-Redakteur bei der Frankfurter Allgemeine Zeitung. Zudem war und ist der heute 67-Jährige Jury-Mitglied vieler renommierter Preise und Kommissionen. Im Rahmen der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland war Hieber von 2003 bis 2006 als Kulturbeauftragter der Bundesregierung tätig – heute wirkt der gebürtige Aalener unter anderem als Teil des Fachbeirats des Deutschen Fußballmuseums. Der vierfache Familienvater ist bekennender Fan und Mitglied der TSG Hoffenheim.
   Preisübergabe: Die acht Gründungsmitglieder Günter Netzer
(obere Reihe von links nach rechts), Paul Breitner, Matthias Sammer,
Uwe Seeler, Franz Beckenbauer und Lothar Matthäus sowie Sepp
Maier (u.R.v.l.n.r.) und Andreas Brehme wurden in die Hall of Fame
des deutschen Fußballs aufgenommen. 81
  



















































































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