Page 69 - Spielfeld_Februar_2019
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  Region
  Eigentlich hat er feste Sprechzeiten: dienstags von 16.30 Uhr bis 19 Uhr und freitagvormittags sitzt Hess in der Verwal- tungsstelle. „Aber wenn mich jemand anspricht, kann ich doch nicht sagen: Komm am Dienstag ins Rathaus“, meint der 67-Jährige. „Ich bin immer Ortsvorsteher.“ Ein Vollzeit-Ehren- amt. Bis Juni war er hauptberuf lich Landwirt, inzwischen hat Sohn Markus den Hof übernommen. Hess ist Vorsitzender des zehnköpfigen Ortschaftsrats und somit Bindeglied zwischen der Bevölkerung und dem Bürgermeister der Stadt Sinsheim. Wer sein Büro betritt, sieht sofort, dass sein Herz nicht nur für sein Heimatdorf Hoffenheim schlägt, sondern auch für den Heimatverein – die TSG. Ein fetter blauer Streifen an der Wand, auf dem ein stählernes Hoffenheim-Wappen prangt, in jedem Eck ein TSG-Brief beschwerer und er selbst empfängt seine Gäste oft im Trikot.
Hess ist schon seit den 70er Jahren Mitglied des Vereins. „Je- der, der sich hier für Fußball interessiert hat, wurde Mitglied. Irgendwo musste der Verein ja ein paar Mark herbekommen.“ Die Zeiten haben sich geändert. „Früher haben wir B-Klasse gespielt. Und da haben wir auch nur mitgespielt.“ In seinem ersten Amtsjahr habe er niemals geglaubt, dass er einmal Vorsteher eines Bundesliga-Standorts wird und aktuell wohl der Einzige seiner Art im Oberhaus ist. 1999 sei der Fußball im Ort langsam in die Gänge gekommen. Eine aufregende und wilde Zeit sei das gewesen, der Aufstieg in die Regionalliga „ein richtig großes Ding“. Nach dem Aufstieg in die Bundesliga konnte er sich vor Journalisten und Fotografen kaum retten: „Ich konnte hier nicht aus der Verwaltungsstelle gehen, ohne dass jemand mit der Kamera vor mir stand.“ In der Zeit mel- dete sich seine Cousine aus Australien: „Karlheinz, da kam gerade ein Interview mit Dir im australischen Fernsehen.“
Der Fußball ist nicht mehr wiederzuerkennen. Und der Ort? „Hoffenheim hat sich durch die Bundesliga nicht gravierend verändert“, findet Hess. Hier und da gebe es natürlich mal ein Event und an Heimspieltagen komme der Verkehr zum Erliegen, aber: „Wir sind immer noch ein Dorfclub. Hier trifft man die Spieler auch noch gelegentlich im Ort.“
Im Herzen des Dorfes:
das Heimatmuseum in Hoffenheim
Hess ist in Hoffenheim geboren und seit den 70er Jahren im Ortschaftsrat. Nur ganz wenige andere kennen die Menschen und auch deren Sorgen hier besser als er. Ein Vorteil: „Ich bin für alle der Karlheinz und kann den Leuten auch einfach mal sagen: Hockt Euch doch noch mal zusammen.“ Bei Nachbar- schaftsstreitigkeiten etwa. Sein Motto: Ball f lach halten und schlichten. Ein Kollege bestelle immer beide Parteien ein und sage dann: „Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder Ihr setzt euch heute Abend bei einem Bier zusammen und besprecht das Ganze oder Ihr geht morgen zum Anwalt, jeder zahlt 200 Euro für den Brief und Ihr seid genauso weit.“ „Eine gute Lösung“, findet Hess. Die Hoffenheimer nutzen das Bürgerbüro im Sinsheimer Rathaus nach Aussage von Hess eher selten. Im Normalfall können er und seine beiden Mitarbeiterinnen in der Hoffenheimer Verwaltungsstelle weiterhelfen. Wenn nicht, werden sie an das Bürgerbüro verwiesen. „Die Leute erledigen ihre Sachen lieber direkt in den Stadtteilen. Da ist die Hemmschwelle nicht so groß.“
Der Hoffenheimer sei zunächst einmal zurückhaltend, meint er, überlegt und lacht. „Ich gebe zu, ich bin da wohl eine Ausnahmeerscheinung.“ Er sei einfach ein Typ, der seinen Mund nicht halten könne. „Man kann sich auf die Menschen hier verlassen. Das ist für mich das A und
O. Ich würde auch behaupten, dass es hier nieman- den gibt, der sich etwas darauf einbildet,
 SPIELFELD TSG HOFFENHEIM
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