Page 12 - Spielfeld_Februar_2019
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„DU MUSST ETWAS ZURÜCKGEBEN“
Oliver Baumann hat sich Zeit genommen für das Interview mit SPIELFELD. Seine Frau Charlotte (31) sitzt ihm gegenüber. Denn es geht zwar auch um den Fußball, um die TSG. Aber es wird vor allem ein intensives Gespräch zum Thema Verantwortung und ihr gemeinsames Engagement in der Kinderkrebshilfe.
Oliver, zuletzt ist ein Videoclip entstanden unter dem Titel „Never give up“, mit einem kleinen Jungen und Dir, der den Wunschtraum von
Kindern zeigt, Profi zu werden, an etwas zu glauben, Träume zu verwirklichen. Kannst Du Dich an Deinen Beginn im Tor erinnern?
„Das war weniger romantisch. Mein Bruder Sebastian, der zwei Jahre älter ist, hat mich damals einfach zwischen die Pfosten gestellt, damit er auf das Tor bolzen konnte.“
Und Dir hat es offenbar gefallen.
„Ich habe auch als Feldspieler angefangen, aber ich fand es schon als Kind toll, rumzuspringen und zu -fliegen. Ich erinnere mich an eine Übung in der Jugend: Schießen, dann ins Tor, raus aus dem Tor, hinten wieder anstellen. Und beim Hinten-wieder-Anstellen bin ich durch die Gegend gef logen. Komplett durchgeknallt irgendwie. Ich fand es halt megacool.“
Es war die richtige Entscheidung. Heute ist Torwart Dein Beruf.
„Ja, aber ich habe ja nicht angefangen als 8-Jähriger, um Profi zu werden, oder um später damit mein Geld zu verdienen. Sondern, weil es mir einfach wahnsinnig Spaß gemacht hat, weil ich Bock auf Fußball hatte.“
Und Torhüter am besten zu Deiner Persönlichkeit passt?
„Da muss man sehr speziell sein. Torwart zu sein ist ja quasi eine eigene Sportart. Du bist ein Sonderling. Man hat an- dere Trainingsinhalte, absolviert andere Übungen, abseits der großen Gruppe – und versucht das zu verhindern, für das alle ins Stadion kommen: Tore. Du bist halt immer der Spielverderber.“
Hier geht's zum Video:
Diese Rolle muss man mögen.
„Das merke ich im Alltag ja auch: Das Auto muss noch was Eigenes haben, ganz selten esse ich im Restaurant einfach genau das so, wie es auf der Karte steht. Ich bin wohl tat- sächlich eigen.“ (lacht)
Heute bist Du Bundesliga-Torwart mit 285 Spielen und bist Vorbild.
„Vorbild ist ein großes Wort. Aber ich habe eine Verantwortung. Ich habe einfach gemerkt, wie schnell und relativ einfach ich in meiner Position Menschen erreiche oder glücklich machen kann. Manchmal gibst du etwa Kindern nur ein High Five und sie freuen sich total. Und du denkst dir: Das war jetzt aber leicht. Wir haben diesen Status ja nur, weil die Leute den Fußball so geil finden. Nur durch die Fans und die allgemeine Aufmerksamkeit verdienen wir letztlich auch unser Geld. Ohne Zuschauer, ohne Fans würde es diesen Hype nicht geben, und es würde das Gehalt nicht geben. Da hast du auch einfach eine Verantwortung, etwas zurückzugeben.“
Heißt das auch, Nähe zuzulassen?
„Das muss jeder für sich herausfinden. Was man ja merkt, ist, dass man wahnsinnig viele Leute erreicht, eine enorme Reichweite hat. Viele geben dann ja die Nähe über Instagram und Co. zurück. Das mag ich bei mir persönlich nicht. Meine Social-Media-Aktivität ist mau. Privat bleibt privat und Fußball bleibt Fußball. Das will ich getrennt halten. Es gibt ja Jungs in der Fußball-Welt, die alles fotografieren.“
Stichwort Goldenes Steak.
„Jeder soll sein Leben leben, wie er es will. Diesen Grundsatz finde ich wichtig und deshalb bewerte ich auch andere nicht. Man muss wissen, wie man sich selbst darstellen will. Wenn man so etwas möchte und seinen Fans so seine Nahbarkeit ausdrücken will, dann ist das so. Wenn du auf den Knopf drückst, ist es in der Welt, jeder sieht es und du kriegst es nicht mehr weg. Das ist dann oft ein schmaler Grat. Im Fuß- ball geht es oft ums Image. Es ist halt manchmal eine nicht ganz reale Welt, eine künstliche, in der viele ihre Rolle spie- len oder spielen sollen.“
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