Page 74 - Spielfeld_Dezember_2018
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„DA BEKOMME ICH NOCH IMMER GÄNSEHAUT“
Als Oberbürgermeister der Stadt Sinsheim ist Jörg Albrecht schon von Amts wegen Fan der TSG Hoffenheim. Der 50-Jährige hat mit seiner Stadtverwaltung zu den Champions- League-Heimspielen gegen Manchester City und Olympique Lyon jeweils ein eigenes Fan-Fest organisiert. Im Interview mit SPIELFELD spricht Albrecht über seine persönliche Bilanz und die Auswirkungen der Königsklassen-Teilnahme der TSG für die Stadt.
Herr Albrecht, die drei Champions-League-Grup- penspiele der TSG in der Rhein-Neckar-Arena in Sinsheim liegen hinter Ihnen. Wie fällt das
Fazit aus?
„Es waren großartige Erlebnisse, nicht nur im Stadion, sondern in der ganzen Stadt. Hier sind Menschen an den Spieltagen nach Sinsheim gekommen, die am Ende nicht mal eine Karte für die Arena hatten. Sie wollten das Flair einfach hautnah erleben.“
Also hat es sich gelohnt, dass auch die Stadt etwas abseits der Spiele organisiert hat?
„Für die Stadt war es großartig. Und ich bin dankbar und auch stolz auf unsere Mitarbeiter, dass wir uns das zuge- traut und zugemutet haben. Diese Veranstaltungen waren ja auch für uns komplettes Neuland. Es hängt schon eine Menge dran, vom Brandschutz über das Sicherheitskonzept bis hin zur Organisation der Stände. Es hat sich gelohnt. Die Rückmeldungen aus der Bevölkerung und natürlich auch der Gastronomen sind ausnahmslos positiv.“
Was war für Sie persönlich das Besondere an der Champions League?
„Abseits der sportlich teilweise herausragenden Leistungen der TSG war es das Bild, wie sich hier wildfremde Menschen in den Armen lagen; andere Kulturen, andere Mentalitäten sich hier zusammengefunden haben, um friedlich ein Fuß- ball-Fest zu feiern. Wenn ich daran denke, kriege ich immer noch eine Gänsehaut. Allein, was das für und in der Stadt bewegt hat, lässt sich mit Geld nicht bezahlen. Das ist ein Mehrwert, für den es keine Worte gibt.“
„Wir alle hier werden von der TSG verwöhnt. Hier wird ja quasi immer Spektakel geboten.“
JÖRG ALBRECHT
Das hätten Sie sich noch vor ein paar Jahren vermutlich nicht erträumt ...
„Ich muss immer wieder schmunzeln, wenn ich unseren Imagefilm von vor zwei Jahren sehe. Den können wir eigentlich wegwerfen. Da sagt Dietmar Hopp sinngemäß: ‚Die Bäume werden hier nicht in den Himmel wachsen, wir reden nicht vom Europacup, nicht von der Champions League.‘ Und jetzt sind wir mittendrin. Das ist der Wahnsinn. Unsere Stadt ist mit und an der Champions League gewachsen. Das kann man vielleicht nicht in Euro und Cent beziffern, aber imagemäßig ist das nicht hoch genug zu bewerten.“
Entsprechend groß ist die Euphorie.
„Wir alle hier werden von der TSG gerade schon extrem verwöhnt. Hier wird ja quasi immer Spektakel geboten. Und natürlich wäre es sehr schön, wenn wir es noch einmal schaffen, uns wieder für den Europacup zu qualifizieren. Aber bei aller Freude geht es jetzt natürlich darum, nachhaltig zu gestalten, damit man auch mal eine schwierigere Phase übersteht, ohne dass die Leute sich abwenden.“
Sehen Sie die Gefahr?
„Was wir gerade erleben, ist ja nicht normal. Daraus darf keine übersteigerte Erwartungshaltung resultieren. Aber die Leidenschaft, die Emotionen rund um die TSG nehmen stark
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