Page 58 - Spielfeld_Oktober_2018
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 „ICH HOFFE SEHR,
DASS DIES
SCHULE MACHT“
Der deutsche Entwicklungsminister Dr. Gerd Müller war eigens nach Sinsheim gereist, um die Kooperation mit der TSG Hoffenheim zu unterzeichnen. Im Interview mit SPIELFELD erklärt Müller, warum sich das Ministerium engagiert und warum Hoffenheim ein Vorbild für die Liga ist.
 Sport und Entwicklungspolitik – wie passt das zusammen?
„Sehr gut sogar – das zeigt ja das tolle Engagement
der TSG in Afrika. Sport ist eine Sprache, die überall verstan- den wird und Werte wie Fairplay, Toleranz und Verantwor- tung vermittelt. Gerade Fußball begeistert und verbindet Menschen unabhängig von Sprache und Hautfarbe. Diese Begeisterung nutzen wir gemeinsam mit der TSG auch für Entwicklungsprojekte in Afri-
sollen von ihrer Arbeit auch anständig leben können. Fairer Lohn für gute Arbeit! Mit der nachhaltigen Fan-Kollektion können Sie dann nicht nur die TSG anfeuern. Sie unterstützen auch Menschen in Afrika.“
Inwieweit kann dieses Projekt einen Nachahmungs- effekt auslösen?
„Ich hoffe sehr, dass die nachhaltige Fan-Kollektion Schule
ka. Mein Ministerium ist zum
Beispiel bereits in Uganda aktiv.
Dort leben eine Million Flücht-
linge aus dem Südsudan. Für
die Flüchtlingskinder und die
einheimischen Kinder organi-
sieren wir Trainings. Die Kinder
bauen Vorurteile ab, lernen,
sich an Regeln zu halten und
werden zu Gesundheitsfragen
aufgeklärt. Mit der TSG werden wir das Engagement jetzt in Namibia ausbauen – dort geht es neben Sport auch darum, dass die Kinder Natur und Umwelt respektieren und schützen.“
Welche Wirkung erhoffen Sie sich davon vor Ort in Afrika?
„Was viele vielleicht nicht wissen: Eine Näherin in Äthiopien schuftet 16 Stunden am Tag, sechs Tage die Woche. Und am Ende des Monats hat sie Probleme, ihre Familie zu ernähren, weil sie gerade einmal 15 Cent pro Stunde verdient. Auf dem Fußballplatz haben wir Schiedsrichter, die bei einem Foul auch mal eine Karte zeigen. In vielen Textilfabriken kümmert sich aber keiner darum, ob Arbeitszeiten oder Brandschutzvor- schriften eingehalten werden. Das wollen wir gemeinsam mit der TSG ändern. Die Menschen, die die Kollektion herstellen,
macht. Fair produzierte Fan- Schals und Trikots müssen zum neuen Standard in der Bundes- liga werden. Warum nehmen sich die Bundesliga-Vereine und der DFB nicht vor, bis zur Fußball-EM 2024 im eigenen Land ausschließlich in fair pro- duzierten oder recycelten Trikots zu spielen? Damit würden wir auch international ein Zeichen
setzen! Möglichkeiten gibt es viele. Wir müssen sie aber auch angehen. So wie die TSG, die mit der neuen Fan-Kollektion zeigt, dass Nachhaltigkeit in anderen Teilen der Welt auch ein Thema für die Fankurve ist.“
Was kann auch unsere Gesellschaft von den Menschen in Namibia und im südlichen Afrika lernen?
„Afrika steht für mich für Vielfalt, Offenheit und Optimismus. Viele Länder sind im Auf bruch. 42 der 54 afrikanischen Staaten hatten im vergangenen Jahr ein höheres Wirtschaftswachstum als Deutschland. Afrika ist auch der am schnellsten wachsende IT-Markt. Das schafft ganz neue Chancen, gerade für die junge Bevölkerung. Auf meinen Reisen spüre ich immer wieder, dass die Menschen nicht auf Hilfe warten, sondern diese Chancen selbst ergreifen und ihre Zukunft selbst gestalten wollen.“
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„Das ist in der Bundesliga einmalig! Der Fußball braucht Vereine wie die TSG, die abseits des Fußballplatzes Verantwortung übernehmen und auf Nachhaltigkeit setzen.“
DR. GERD MÜLLER





































































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