Page 84 - Spielfeld_September_2018
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 Im BFV wird ein Sieg zudem immer nur mit 1:0 angegeben, eine Tabelle für die gesamte Saison wird nicht geführt. Aber manche Eltern „pfuschen“ und werten die Spieltage doch aus, um verdeckt ständig eine Tabelle zu erstellen. Fest steht: Wo nach dem FairPlayLiga-Konzept gespielt wird, funktioniert das meist auch gut. „Erfunden“ hat das Fair-Spiel vor mehr als zehn Jahren ein Jugendleiter aus der Nähe von Aachen, nachdem er gelesen hatte, dass ein F-Jugendspiel in Berlin einmal abgebrochen wurde, weil Eltern sich prügelten.
Die wohl wichtigste Idee hinter der FairPlayLiga ist, dass die Kinder bereits als kleine Fußballer den fairen Umgang untereinander lernen und somit „geimpft“ werden, am bes- ten immer die Ruhe zu bewahren anstatt auszurasten und andere unflätig zu beschimpfen. Die FairPlayLiga ist aber kein Paradies. Nicht alle Eltern halten sich ständig an das Konzept, sie verstehen nicht, dass Fairplay wichtiger ist als Leistungsdruck. Diese Eltern sollten sich einmal in die Haut des Kindes versetzen, das sie zur Schnecke machen, oder in die Position der Gegenspieler, die sie beschimpfen oder in den Trainer, dem sie mitteilen, dass er eine Niete ist. Bei einer Umfrage kam heraus, dass jeder dritte junge Fußballspieler wegen der Schreierei schon mal überlegt hat, mit dem Sport aufzuhören, und 83 Prozent der Eltern sagten, andere Eltern würden rumschreien. In Dänemark wurden einmal fünf Ratschläge für die Väter und Mütter entwickelt, um den krampfhaften Wettbewerbscharakter zu mildern.
1. Es sind nur Kinder
2. Fußball ist ein Spiel
3. Das hier ist nicht die Champions League
4. Der Trainer macht das hier freiwillig
5. Der Schiedsrichter ist auch nur ein Mensch
Fest steht auch: Das Thema ist alles andere als eine rein badische Spezialität. „Die Karten-Druckauf lage von einer Viertelmillion macht ja deutlich, wie wichtig uns dieses Anliegen ist“, sagt Prof. Dr. Gunter A. Pilz, der beim DFB die AG Fair Play und Gewaltprävention leitet. „Gemeinsam mit den Eltern und den Kindern wollen wir dafür sorgen, dass es beim Kinderfußball wieder etwas mehr um den Spaß am Miteinander und die Freude an der Bewegung geht.“
GLÜCKLICHE, UNBEFANGENE KINDER
Sie meinen es ja gut. Wirklich. Das war der erste Gedanke, wenn wieder mal eines der Elternteile am Spielfeldrand seine genetische Beziehung zu den Brüllaffen nicht leugnen wollte. Was tut man da als Trainer einer Bambini-Mannschaft? Drei Jahre lang habe ich Anfang der 90er Jahre kleinen Kindern den Fußball nähergebracht, versucht, ihnen zu vermitteln, was ich selbst als kleiner Junge empfunden habe: Spaß und Hingabe für diesen fantastischen Sport, den Wert dieses einzigartigen Gemeinschaftsgefühls in einer Mannschaft. Ohne überstei- gerten Ergebnisdruck, aber mit viel natürlicher Leidenschaft. Dazu gehören auch Emotionen, Gefühlsausbrüche nach Toren ebenso wie der Frust nach unglücklichen Niederlagen. Dieser Wettbewerbscharakter steckt in uns Menschen drin. Es ist Kindern nicht egal, ob sie gewinnen oder verlieren – aber man kann ihnen sehr wohl vermitteln, dass es nicht das Allesentscheidende oder gar das Alleinseligmachende ist.
Das Problem für jeden Jugendtrainer, der dort ehrenamtlich seine Freizeit opfert, sind allzu oft die Eltern: Sie nehmen ihre Kinder für ihre eigenen unerfüllten Träume in Haftung, sie konkurrieren untereinander. Wenn die Eltern Recht hätten, stünden in jeder Bambini-Mannschaft der Republik sechs Lionel Messi. Mindestens. Dabei reicht ein Blick in die Ge- sichter der Kinder, um zu sehen, dass sie sich selbst selten wie Lionel Messi fühlen.
Heute habe ich selbst zwei Söhne, die voller Enthusiasmus kicken, die den Torjubel der Stars imitieren, die sie aus dem Fernsehen kennen und mit Oliver-Baumann-Trikots durch das Tor hechten. Sie sind ehrgeizig, aber vor allem sind sie Kinder. Es ist die Aufgabe von uns Eltern, den kindlichen Spieltrieb zu fördern und sie nicht mit überbordenden Erwartungen zu überfrachten. Das Schlüsselwort heißt Respekt. Im Umgang mit den eigenen Kindern, aber auch im Verhalten zu anderen, egal ob Kind, Trainer oder Schiedsrichter.
Ja, als Vater fällt es einem manchmal schwer, sich zu zügeln, weil man doch noch gern selbst vor die Kugel treten würde, weil man doch – welch‘ Anmaßung – glaubt, eine Situation mit der eigenen Lebenserfahrung besser beurteilen zu können. Der Trainer meiner Söhne ist ein leidenschaftlicher Verfechter der Nicht-Einmischung der Eltern. Bei Spielen werden wir hinter den Zaun verbannt, Zwischenrufe sind verboten. Ich gebe zu: Es hat ein wenig gedauert, bis es in Fleisch und Blut übergangen ist. Doch inzwischen ermahne ich sogar andere Eltern, sich bitte daran zu halten, weil mir etwas bewusst geworden ist. Wenn plötzlich alle Väter und Mütter ruhig sind, nimmt man
die Geräuschkulisse wieder wahr: Glückliche, unbefangene Kinder, die das Fußballspiel lieben.
                             DIRK GRAALMANN
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      Fair bleiben, liebe Eltern! Ihr seid Vorbilder...auch auf dem Fußballplatz!
Liebe Erwachsene,
toll, dass Ihr uns unterstützt.
Lasst uns Fußball spielen und Spaß haben.
Feuert uns an und motzt nicht rum.
Seid fair zu uns, zu Schiedsrichter, Trainer und Gegner! Danke !













































































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