Page 72 - Spielfeld_September_2018
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 HEIMATKUNDE
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 wurde die Tiefburg in Menzingen, als Wasserburg im gotischen Stil angelegt, urkundlich erstmals erwähnt – und erlebte fortan eine über- aus wechselvolle Geschichte. Durch die aufständischen Bauern im Jahr 1525 niedergebrannt, begann vier Jahre später durch den Ritter Peter von Mentzingen der Wiederauf bau des Wasserschlosses von Menzingen im Renaissance-Stil samt Erweiterung auf drei Flügel. Der Historiker Hans Rott urteilte noch im Jahre 1913: „Von allen Wasserschlössern des Kraichgaus hat dieses Unterschloss von Menzingen seine charakteris- tische Anlage am besten und reinsten bewahrt und bildet ein höchst malerisches Abbild einer mittelalterlichen Tiefburg.“ Doch in den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs wurde das Schloss durch einen Bombenangriff zerstört. Bittere Ironie der traurigen Geschichte: Zwei wertvolle Sammlungen aus dem Kurpfälzischen Museum in Heidelberg waren zuvor kriegsbedingt in das vermeintlich sichere Schloss Menzingen ausgelagert worden: eine Sammlung alter Uhren und eine Münzsamm- lung. Heidelberg blieb kriegsverschont, Menzingen wurde zerstört. Die Uhrensammlung war verloren.
Fortan lag die Ruine 40 Jahre lang unangetastet im Dornröschenschlaf. Dornenhecken und mannsdicke Bäume überwucherten die bis zu vier Meter hohen Schuttberge. Erst auf Initiative des Heimat- und Muse- umsvereins Kraichtal in Zusammenarbeit mit dem Eigentümer, Baron Dominicus von Mentzingen, wurde die Ruine zwischen 1992 und 2002 vom Schutt befreit und teilweise im Baubestand gesichert. Noch heute öffnen sich die Tore des Schlosses lediglich zu ganz besonderen Ereig- nissen, da Teile der Ruine weiterhin einsturzgefährdet sind. Aber am Fuße der Wasserschlossruine haben Besucher bei einer dort angelegten Sitzgruppe die Gelegenheit, eine gemütliche Rast einzulegen – und dank der dortigen Info-Tafel die Chance, jede Menge über die spannende Geschichte der einstigen Wasserburg zu erfahren.
Wissen für den Stammtisch
ALS DER KRAICHGAU NICHT ZU BADEN GEZÄHLT WURDE
„Drum grüß ich Dich mein Badnerland, du edle Perl’ im deutschen Land, frisch auf mein Bad- nerland.“ Das Badner Lied, inoffizielle Landeshymne Badens, wird bei jedem Heimspiel der TSG Hoffenheim im Stadion gespielt und von vielen Tausenden Zuschauern mitgesungen. Heute besteht kein Zweifel, dass der Kraichgau zu Baden gehört, aber das war nicht immer so. „Pfälzer? Schwaben? Oder was?“ So lautet ein Extra-Text im Buch „Der Kraichgau – Eine kleine Geschichte“ von Thomas Adam. Im Mittelalter trat der Kraichgauer Adel der schwäbischen Ritterschaft bei. Um 1500 wurde die Region von Gelehrten deswegen als Teil Schwabens bezeichnet. 50 Jahre später schlug ein Geograph den Kraichgau der (Kur-)Pfalz zu. Dann kam Anfang des 20. Jahrhunderts ein Heilbronner Historiker, der den Kraichgau sogar zu Franken gehörig erklärte.
Die Trennung von landschaftlichen Regionen und politischen Verwaltungseinheiten ist wirklich nicht immer einfach. Der Regierungsbezirk Schwaben gehört zu Bayern und grenzt überhaupt nicht an Baden. Andererseits ragen kleine Teile von Franken ins Bundesland Baden-Württemberg.
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