Page 67 - Spielfeld_August_2018
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   „Wir sind das gallische Dorf im badischen Odenwald“, sagt Oliver Caruso und lacht. „Hier trainieren all diese starken Menschen. Und es werden immer mehr.“ Tatsächlich füllt sich das Kraft-Werk in Schwarzach bereits vormittags minütlich. Es ist ein etwas anderes Fitnessstudio: Menschen mit und ohne Handicap, jung, alt, Breiten- und Leistungssportler sowie ein aktueller Europameister trainieren hier gemeinsam, greifen sich gegenseitig unter die Arme. Das war die Vision des zwei- maligen Gewichtheber-Welt-
ihm ging es ohnehin um mehr als Fußball: „Der Verein tut unheimlich viel für den Nachwuchs und die Region. Das möchte ich unterstützen.“
Die Region spielte auch in seiner Karriere zu jeder Zeit eine große Rolle. Caruso wurde „mit einer schnell zuckenden Muskelfaser“, so sagt er, in Mosbach geboren und wuchs in Schwarzachs Nachbarort Obrigheim auf. „Dort gibt es nur zwei
meisters. 2012 gründete er den Verein Kraft-Werk Schwarzach, der mittlerweile für gelebte Inklusion steht.
Doch Caruso fühlt sich einem
der TSG Hoffenheim. Nicht nur
seinem gallischen Heimatort, vielmehr aufgrund der Philoso- phie der TSG. Präsident Peter Hofmann hielt kürzlich einen Vortrag in Buchen und ging dabei auch auf die Geschichte seines Vereins ein. „Dieser Pioniergeist, die Akademie, die Nachwuchsarbeit – darin habe ich mich und unseren Verein wiedergefunden“, erzählt der Muskelmann.
Caruso sah die TSG schon im Dietmar-Hopp-Stadion spielen, doch mit der genauen Hoffenheim-Historie war er noch nicht vertraut. Wenige Wochen nach Hofmanns Vortrag, in dem dieser gewohnt leidenschaftlich wie überzeugend um Mitglie- der warb, füllte Caruso den Online-Antrag aus – ein guter Zeitpunkt: Der 44-Jährige ist das 10.000. Vereinsmitglied der TSG. Ins Stadion schafft er es zwar kaum, da er als Cheftrai- ner des Baden-Württembergischen Gewichtheber-Verbandes an den Wochenenden auf Wettkämpfen unterwegs ist, doch
trainiert, aber es hat halt nicht geklappt.“ Also wählte er mit zwölf Jahren die andere Obrigheim-Variante und ließ die Fasern zucken.
Als Gewichtheber sah er die Trainingsergebnisse unmittelbar. Und Caruso trainierte viel. Seine Familie fuhr nur selten in den Urlaub, also stemmte er in den Sommerferien unauf hör- lich Gewichte. „Wenn die anderen zurückkamen, war ich stärker.“ Sein erster Wettkampf war in Lörrach. „Mal weg von Zuhause, das war damals Teil meiner Motivation. Aber Mamas Brötchentüte hatte ich immer dabei.“ 1990 stieg er mit dem SV Germania Obrigheim in die Bundesliga auf, zu den Wett- kämpfen kamen mehr als 1.000 Zuschauer in die Neckarhalle. 1992 startete Caruso in Barcelona im Alter von 18 Jahren als jüngster deutscher Olympia-Gewichtheber der Geschichte, vier Jahre später holte er die Bronzemedaille in Atlanta mit einer Zweikampf leistung von 390 Kilogramm (175 im Reißen, 215 im Stoßen). Insgesamt holte der „Bär von Obrigheim“,
„Wir sind das gallische Dorf im badischen Odenwald.“ OLIVER CARUSO
Möglichkeiten: Fußball oder Gewichtheben.“ Erst versuchte er es auf dem Rasen und kickte in der Abwehr des SV Germania Obrigheim – mit mäßigem Erfolg. „Ich habe immer viel
weiteren Verein verbunden: ob der geografischen Nähe zu
Region
 Olympia-Teilnehmer, Ex-Weltmeister, TSG-Fan: Oliver Caruso
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