Page 94 - Spielfeld_Juli_2018
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 Bild: fotolia.com – mitrija
Das war passiert:
18. Mai 2013
TSG siegt 2:1 beim BVB und rettet sich so sensationell in die Relegation
Die Bombe von Zuzenhausen explodierte am Sonntagvormittag. Es kam niemand zu Schaden, war ja nur eine Rauchbombe. Was heißt nur? Solcherlei pyrotechnische Elemente sorgen im Fußball
allzu häufig für Verstimmungen. Es gab Zeiten, da hat der Bundesinnen- minister fast für jeden gezündeten Böller eine Task-Force gegründet. Auf dem Trainingsgelände in Zuzenhausen aber, wo die Hoffenheimer Profis nach dem Sieg in Dortmund die Beine ausschüttelten, hat das Bömbchen allseits gute Laune verbreitet. „Das hat es hier schon lange nicht mehr gegeben“, sagte der doppelte Elfmeterheld Sejad Salihovic. Kein Wunder, Pyrotechnik wird in der Regel von Fans gezündet. Und die TSG hatte in der jüngeren Vergangenheit scheinbar alles daran gesetzt, ihre ohnehin nicht sehr zahlreichen Anhänger vollends zu verprellen. Die Botschaft der Bombe also war: Hoffe lebt! Auf dem Platz und nebenan.
Die Hoffenheimer sind in Fußballdeutschland etwa so beliebt wie Pyroma- nen im Innenministerium. In allen Ecken der Republik wurden Klagelieder angestimmt, dass der sogenannte Retortenklub nun in die Relegation darf und stattdessen Fortuna Düsseldorf, ein sogenannter Traditionsverein, auf direktem Wege absteigt. Nichts gegen Düsseldorf, die bittere Wahrheit für viele Fußballromantiker aber ist: Die Hoffenheimer haben sich diese Chance verdient.
Sie hatten in dieser Spielzeit vier Trainer, vier Manager und noch viel mehr schlechte Ideen. Dann hatten sie aber noch eine gute Idee. Der vier- te Trainer, Markus Gisdol, fasste Mitte April den Plan: Wir spielen jetzt erst mal wieder ordentlich Fußball – und dann schauen wir, ob’s reicht. Keine Feuerwehrmann-Rhetorik, keine Durchhalteparolen, sondern Kon- zentration auf das Wesentliche. Auf das Spiel. Der Trainer Babbel redete vom internationalen Geschäft, der Trainer Kurz vom Überlebenskampf. Gisdol redete, wenn überhaupt, von Perspektiven. Es gehe hier nicht ums Überleben, sondern um sportlichen Erfolg. Und um eine Entwicklung.
Solche Sätze passen gut zu dieser 50. Bundesligasaison, die alles in allem ein Plädoyer für das Spiel war. Der fünfte Platz von Freiburg, die Rettung von Augsburg und die Trendwende von Hoffenheim wurden nicht zufällig von drei ehemaligen Jugendtrainern (Streich, Weinzierl, Gisdol) geschafft, die sehr nahe dran sind an der modernen Lehre.
























































































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