Page 75 - Spielfeld_Juli_2018
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  Emotionen peitschen durch das Kölner Stadion. Wütende Angriffe der Hoffenheimer, die den Kölner Strafraum belagern und neben den
FC-Spielern auch gegen das Publikum ankämpfen. Über 90 Minuten hatte es zuvor wütende Gesänge gegen die TSG gegeben, die Stimmung war extrem aufgeheizt, auch die mitgereisten TSG-Fans sorgten immer wieder für akustische Höhepunkte. Doch in der Nachspielzeit scheint das große Ziel verpasst, Köln führt im Flutlichtspiel am 30. Spieltag 1:0, trotz eines starken Auftritts droht für „Hoffe“ die sehnsüchtig erwartete erstmalige Qualifikation für den Europapokal
einer beachtlichen Ruhe und Präzision in die lange Ecke schiebt. Tor. 1:1. Europapokal. #DasErsteMal
Ein Moment, der für immer bleibt. Für die TSG – und für Kerem Demirbay: „Als Niklas Süle den Ball bekam, wusste ich, dass er diesen Schritt macht und ich den Ball bekommen werde. Ich war mir in diesem Moment zu 100 Prozent sicher, dass ich ihn reinmache. Ich habe den Gegenspieler gesehen, die Lücke zwischen dem Pfosten und wusste: Ich muss ihn nur feste mit der Innenseite dorthin passen, dann steht es hier 1:1 und wir sind durch.“
Es ist hitzig, spätestens
nach Leonardo Bitten-
courts Führungstref-
fer (58.) hatte sich die
aufgeladene Atmosphäre von den Rängen auf das Spielfeld übertragen. Fouls, Nickeligkeiten, Schar- mützel – die beiden Europapokal-Anwärter bieten sich im Schein des Flutlichts ein Duell, das jegliche Aspekte eines Europapokalspiels erfüllte. Dazu gehört auch der unbändige Wille, die Niederlage, das Scheitern, den Frust zu verhindern. Die TSG wirft alles nach vorn, während die Nachspielzeit Sekunde für Sekunde verrinnt. Nervosität liegt über den Fanblöcken – getrennt zwar in den Farben, doch in diesem Moment vereint in der Sorge um Punkte, die Europapokal-Teilnahme, den Erfolg einer ganzen Saison. Wütende Rufe, vor den Gesich- tern zusammengefaltete Hände, weit aufgerissene Augen – die Zuschauer bekommen auf der Kölner Bundesliga-Bühne ein fantastisches Schauspiel geboten – dessen Ende das Stadion erbeben lässt.
Stadion ein Seismograph installiert gewesen, er wäre in kaum messbare Skalen ausgeschlagen. Der Hoffenheimer Block tobt, das Kölner Publikum flucht und pfeift nach Kräften, während Demirbay auf die Hoffenheimer Fans zusprintet, zum Sprung ansetzt und auf der Eckfahne landet, bevor er von den Mitspielern erreicht, geherzt und fast erdrückt wird. Er reckt die Faust zu den Fans. Im Wissen, den Kampf angenommen, sich im Orkan der Emotionen behauptet und das große Ziel erreicht zu haben: die erstmalige Qualifikation der TSG Hoffenheim für den Europapokal.
„Es war ein unglaubliches, unvergessliches Gefühl und ein besonderer Moment für mich. Wir haben uns für all den Aufwand in den 90 Minuten und der gesamten Saison belohnt. Ich bin eigentlich eine ruhige Person, auch auf dem Feld. Aber in diesem Moment habe ich mich extrem gefreut, da sind die Emotionen mit mir durchgegangen, auch beim Sprung auf die Eckfahne. Ich wusste einfach nicht,
Die Gefühle müssen raus: Kerem Demirbay jubelt über den späten Ausgleichstreffer.
Der weit aufgerückte Niklas Süle kommt im Kölner Strafraum an den Ball, spitzelt ihn parallel zur Straf- raumgrenze zu Kerem Demirbay, der den Ball mit
Damals Gegner und jeweils Torschützen für ihren Klub, fortan Teamkollegen: Kerem Demirbay und Leonardo Bittencourt.
Saisonfinale
 an diesem Abend doch vorerst zu misslingen.
„Es war ein unglaubliches, unvergessliches Gefühl und ein besonderer Moment für mich.“ KEREM DEMIRBAY
Was folgt ist ein emo- tionaler Ausbruch, wie man ihm vom Spiel- macher und der Hof- fenheimer Mannschaft zuvor selten gesehen hat. Wäre im Kölner
   SPIELFELD TSG HOFFENHEIM
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