Page 44 - Spielfeld_Juli_2018
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 Das war passiert:
01. November 2008
Der Aufsteiger TSG Hoffenheim führt sensationell die Tabelle der Fußball-Bundesliga an – und verzückt dank ihrer offensiven Spielweise mit 31 Toren in 11 Partien die Republik.
Die lieben Nachbarn aus Österreich gelten als rückständig, wenn es um Fußball geht, aber hinter dem Mond leben sie deshalb noch lange nicht. So zeigte ATV diesmal auf Kundenwunsch ausnahmsweise
nicht den FC Bayern – gesendet wurde nach dem Publikumsvotum aus Mannheim, der Leihbühne von 1899 Hoffenheim. Das Interesse am seit Wochen andauernden Sturmlauf eines Dorf klubs, der bald kein Dorf klub mehr sein wird, ist grenzenlos.
Es ist aber längst nicht mehr der abenteuerliche Aufstieg eines Winzlings, der diesen Voyeurismus auslöst. Vielmehr ist es die Art und Weise, wie er über ein Terrain schwebt, das Neuland für ihn ist. Hoffenheim ist Ta- bellenerster – doch unübertroffen ist es vor allem als inhaltlicher Trend- setter. Niemand weiß zwar, wie weit es die von diversen Reservebänken akquirierte Gruppe letztlich bringt. Doch ihr Plan eines Spiels, der aus Pressing, Initiative und Offensivdrang besteht, dürfte nachhaltig die Mo- derne prägen. Tore, Tore und nochmals Tore stehen als Idee hinter allen Anstrengungen, denn Hoffenheim versteht sich als Dienstleister. Und nicht als Gefangener des Fußballs. Geiz sei geil, wird einem in der Werbung eingebimst, doch die Zeiten, in denen dies auch im Fußball galt, sind mit dem Abschied von Huub Stevens wohl endgültig passé in der Bundesliga. Vertrieben wurde die fiese Fratze des Catenaccio, hoffentlich für ewig, wohl nachhaltig von den hochtourigen Athleten aus Spaniens und Englands Ligen; hierzulande folgt man jetzt dem fortgeschrittenen Berufsanfänger Klinsmann, Bundestrainer Löw und sicher auch 1899-Coach Rangnick. Die Herren eint, dass sie offensiv und langfristig denken, in Projekten. Und ungern in Momentaufnahmen.
Bild – fotolia.com: mitrija


























































































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