Page 14 - Spielfeld_Mai_2018
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 guten Mittelfeldniveau in der Liga stabilisiert. Das Fußball-Bu- siness bzw. das Transfergeschäft ist ja wie eine Nahrungskette. Auch da sind wir in den vergangenen zwei Jahren wieder ein bisschen weiter nach oben geklettert. Es gibt nicht mehr so viele Klubs, an die wir Spieler abgeben müssen, und wir können jetzt auch öfter lukrative Angebote ablehnen ohne dabei die finanziellen Zielvorgaben zu gefährden. Darauf können wir auf bauen und wir sind maximal motiviert, durch gute Arbeit eben besser abzuschneiden als wir es vom Etat her eigentlich realistisch planen könnten.“
Sie wirkten zwischenzeitlich etwas genervt wegen der Kritik, dass die TSG doch nur ein Ausbildungsverein sei. „Nein. Ich wehre mich nur gegen unref lektierte Bewertungen. Diese Saison wurde uns ja schon vielfach als Problemjahr aus- gelegt. Dabei sind wir seit Ewigkeiten die erste Mannschaft, die als Newcomer in Europa gespielt hat und jetzt tatsächlich schon wieder an den Europapokalplätzen dran ist. Alle anderen Klubs sind immer in der zweiten Tabellenhälfte gelandet oder kämpften sogar gegen den Abstieg. Wir wollen uns nicht kleiner machen als wir sind, aber wir bleiben realistisch. Man kann nicht den Anspruch haben, dass dieser Klub sich regelmäßig für den Europapokal qualifiziert, aber jeder Einzelne hier will das und gibt jeden Tag alles dafür. Damit kann ich mich identifizieren.“
Müssen Sie viel Überzeugungsarbeit leisten bei den Spielern, die Sie zur TSG locken wollen?
„Wir konnten schon immer etwas bieten und es ist uns schon immer gelungen spannende Spieler zu uns zu lotsen. Wir haben ein hochmodernes Trainingszentrum, viele innovative Ideen, tolle Mitarbeiter und Experten, Ruhe - einfach tolle Bedingun- gen. Die TSG hat den Ruf, Talente zu finden, zu entwickeln und hin und wieder für entsprechende Transferentschädigun- gen weiterzugeben. Das war schon früher so. Aktuell kommen zwei weitere positive Faktoren dazu: Ein außergewöhnlicher Trainer mit seinem Team und diese zwei erfolgreichen Jahre, an denen die Spieler erkennen, dass sie auch bei uns interna- tional spielen können. Mit unserer Mannschaft, mit der Struk- tur hier ist es möglich, das auch in dieser Saison zu schaffen. Wir haben jetzt auch mehr Potenzial bei Ablösesummen und Gehältern, aber wir können nicht alles und wir wollen auch nicht alles. Wichtig ist, dass die Struktur in der Mannschaft stimmt. Darin liegt auch die Kunst einer strategischen Dimen- sion in der Kaderplanung. Wir bauen auf nachhaltiges Wachs- tum und gehen nicht all-in.“
„Wir wollen uns nicht kleiner machen als wir sind, aber wir bleiben realistisch.“
„INDIVIDUALITÄT ZULASSEN“
Die anhaltende Bayern-Dominanz hat in Fußball-Deutsch- land eine Diskussion ausgelöst – über die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Fußballs ebenso wie über die Qualität der Bundesliga insgesamt. Dabei „sind es ganz unterschiedliche Themen, die in eine Debatte geführt werden“, findet Alexander Rosen. „Ich glaube nicht, dass sich Deutschland als Fußballnation Sorgen machen muss. An Talenten mangelt es sicher nicht. Wir sind amtierender Weltmeister, Confed-Cup-Sieger, U21-Europameister, die nächste Generation ist also schon wieder da.“ Zudem seien die Premier League oder die Primera Division zwar „in der Spitze voraus, aber nicht in der Breite. Wir haben die ausgeglichenste Liga, nirgendwo ist es schwieriger, gegen den 17. oder 18. der Tabelle zu gewinnen. Dieser Spannungsbogen ist besonders.“
Gleichwohl befürwortet Rosen „eine offene Diskussion über das Spiel- und Ausbildungsniveau generell. Das letzte Mal, als intensiv über die Nachwuchsausbildung gesprochen wurde, sind anschließend die Leistungszentren entstanden. Der Erfolg danach war grandios.“ Für den Sportdirektor der TSG ist offenkundig, dass man wieder verstärkt „In- dividualität zulassen“ müsse. „Wir haben in Deutschland bei der Ausbildung zuletzt vielleicht etwas zu sehr auf die mannschaftliche Grundordnung und das taktische Verhalten in der Gruppe geschaut. Wir müssen aber auch weiterhin einfach gute Kicker ausbilden, die in einem vorgegebenen Rahmen mit ihrer individuellen Klasse den Unterschied machen können.“
Das würde auch der Liga zu Gute kommen. „Wir brauchen Spieler, die selbstständig Lösungen entwickeln und finden.“ Aufgrund des Ergebnisdrucks würden viele Mannschaften in der Bundesliga erst einmal defensiv agieren. „Dieses Si- cherheitsdenken steht bei vielen im Fokus, weil es zunächst einfacher scheint. Der Ergebnisdruck ist heute so hoch, dass kaum noch jemand Risiken eingeht. Das will ich gar nicht verurteilen, aber natürlich wäre es schön, wenn
es dann auch mal wieder häufiger nach vorne geht.“
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