Page 8 - Spielfeld_April_2018

Noch ein Sektchen? In diesem Frühjahr ist es genau 50 Jahre her, dass in der Kabine des 1. FC Nürnberg auf den Meistertitel angestoßen wurde. Georg Volkert (r.) schenkte dem Meistertrainer Max Merkel nach, Nationalspieler Franz Brungs schaute beseelt zu. Am 18. Mai 1968 siegte der Club beim großen Ri- valen FC Bayern 2:0 und konnte damit bereits am vorletzten Spieltag die Meis- terschaft feiern. Was in diesem Moment der Glückseligkeit niemand ahnte: Es war die vorerst letzte Meisterschaft des langjährigen Rekordmeisters (neun Titel).
Der 1. FC Nürnberg konnte sogar erst 2007 mit dem Gewinn des DFB-Pokals einen weiteren Titel feiern.
Mit Max Merkel, erst ein Jahr zuvor als Meistertrainer von 1860 München gekommen, hatte der Club in der Sai- son 1967/68 die wohl schillerndste Persönlichkeit auf der Trainerbank. Der Österreicher genoss den Ruf eines herausragenden Trainers mit einer, nun ja, durchaus ungewöhnlichen Menschenführung. Zur Legende wurde jenes angebliche Trainingsspiel, als
Kinder, wie die Zeit vergeht
Prost, Meistertrainer: Die Nürnberger Spieler Franz Brungs (l.) und Georg Volkert (r.) stoßen mit Max Merkel (M.) an.
er die vermeintlichen Vieltrinker im Team gegen die Abstinenzler antreten ließ. O-Ton Merkel: „Die Alkoholiker gewannen 7:1. Da habe ich gesagt: Sauft's weiter!" Auch als langjähriger Kolumnist der Bild-Zeitung, im süffig-jovialen bis beleidigendem Tonfall verfasst, blieb Merkel bis ins hohe Alter eine schillernde Figur der Branche.
Damals, im Mai 1968 aber war Max Merkel auf dem Höhepunkt seiner Bundesliga-Karriere. Niemand erahnte den rasantesten Absturz eines Klubs in der Geschichte der Fußball-Bundesliga. Als amtierender Meister geriet der 1. FC Nürnberg in der Folgesaison in einen Abwärtsstrudel, den auch Max Merkel nicht stoppen konnte – im Gegenteil: Nach Auseinandersetzungen mit Spie- lern wurde Merkel im März beim Club entlassen. Der 1. FC Nürnberg aber stieg dennoch am Ende der Saison 1968/69 erstmals ab. Erst neun Jahre später, 1978, schaffte der Club den Wiederaufstieg.
Übrigens: Geschichte wiederholt sich doch. Nach dem Pokalsieg 2007 stieg Nürnberg 2008 erneut als ein amtierender Titelträger ab. Und bestätigte die Fans der Franken in ihrem Defätismus, der sich in jenem legendären Satz bündelt: „Der Glubb is a Depp“.
HÄRRINGERS ECKE
8
© 2018 Christoph Härringer, www.facebook.com/Spottschau