Page 25 - Spielfeld_März_2018
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   Sie hatten dann tatsächlich etwas gefunden. Pellegrino Matarazzo saß beim Rückrunden-Auftakt in Bremen vorschriftsmäßig im Klub-Outfit des Ausrüsters Lotto
auf der Trainerbank neben Julian Nagelsmann und Matthias Kaltenbach. Ganz so sicher war sich sein neuer Chef nicht gewesen, ob die Zeugwarte Heinz und Christian Seyfert etwas Passendes auftreiben würden für den neuen Co-Trai- ner, dessen Gardemaß von 1,98 Meter doch ziemlich banale Probleme bereiteten. „Unser Ausrüster Lotto setzt da ja auf den engen italienischen Schnitt“, amüsierte sich Julian Nagelsmann. „Das wird bei der Größe dann schon schwierig.“ Doch die Körpergröße ist nicht das einzig Ungewöhnliche an Matarazzo. Der Italo-Amerikaner hatte den vormaligen Nagelsmann-Assistenten
Alfred Schreuder beerbt, den es in der Winterpause aus familiären Gründen zum niederländischen Renommier-Klub Ajax Amsterdam zog. Bei der TSG haben sie der Bitte des Niederländers um vorzeiti- ge Freigabe entsprochen – auch aus Respekt vor den Qualitäten Schreuders, der sowohl fachlich als auch menschlich seine Spuren hinterlassen hat.
Nun wird Matarazzo seine
eigenen Spuren legen. „Ich
freue mich, dass Pellegrino unser Angebot angenommen hat und diesen Job übernimmt", sagte TSG-Cheftrainer Julian Nagelsmann. Und der Coach darf sich auf einen treuen Be- gleiter freuen. Die beiden verbinde eine ähnliche Idee von Fußball, sagte Matarazzo: „Die wichtigsten Kriterien für einen Co-Trainer sind Loyalität und die gleiche Wellenlänge mit dem Cheftrainer zu haben.“ Daran gibt es keinen Zweifel. Julian Nagelsmann weiß, wie „Rino“ (so sein Rufname) tickt. Beim Fußball-Lehrer-Lehrgang in Hennef teilte sich das Duo ein Zimmer. Der eine, Nagelsmann, war zu jener Zeit noch U19-Coach der TSG, Matarazzo verantwortete den gleichen Jahrgang beim 1. FC Nürnberg. Nun sind sie, keine zwei Jahre später, plötzlich auf der Bundesliga-Bank der Hoffenheimer vereint. Auch der 40-jährige Pellegrino Matarazzo erlebte eine Karriere im Schnelldurchlauf. Schließlich war er erst im Juli 2017 zur TSG gekommen – und übernahm dort die U17 für den zur U19 aufgestiegenen Marcel Rapp. Er wolle „mittelfristig im Profi-Bereich arbeiten“, gab Matarazzo noch nach Amtsantritt zu Protokoll. Ein halbes Jahr später findet er sich nun im Bundesliga-Business wieder.
Daran war nicht zu denken, als der kleine Rino Anfang der Achtziger Jahre von einem Hügel seines Wohnorts Paterson im US-Bundestaat New Jersey die Wolkenkratzer von Manhat- tan erspähen konnte. Hoch hinaus, das wollte der ehrgeizige Junge aus einfachen Verhältnissen, aufgewachsen mit drei jüngeren Brüdern, immer schon. Dank Einser-Abi und eines staatlichen Stipendiums führte ihn der Weg zur renommierten Columbia University am Broadway. Mitten in New York City.
Sein fußballerisches Talent aber wurde eher zufällig entdeckt – von einem deutschen Scout bei einem Freizeitkick in ei- nem Park in New Jersey. Und so kam der damals 22 Jahre alte Absolvent eines Studiums der „Angewandten Mathematik“ im Jahr 2000 nach Bad Kreuznach. Es folgte eine Rundreise des „Pilgers“ (so die Übersetzung seines Vornamens aus dem Italienischen) durch die deutsche Fußballprovinz, die nach 142 Regionalliga-Einsätzen zunächst in Nürnberg endete. Dort wurde er sesshaft, gründete mit seiner Frau Daniela eine Familie (Sohn Leopoldo ist acht Jahre alt) und stieg ins Trainer- geschäft ein. Athletik-Trainer, Reha-Coach, Sportpsychologe, schließlich 2012 U17-Coach beim „Club“ und ein Jahr später schon die U19-Junioren. Nach elf Jahren aber war es Zeit für
einen „Tapetenwechsel“, um „Stillstand zu vermei- den“, wie Matarazzo sagte. Statt Stillstand gibt es nun Vollgas.
Und das auf seine ganz eigene Art, mit seiner ganz eigenen Geschichte, als Italo-Amerikaner mit 17 Jahren Deutschland-Erfah- rung. „Ich versuche, die besten Eigenschaften von allen Kulturen mitzuneh- men“, sagt Matarazzo mit Blick auf seine bewegte Lebensgeschichte. „Von den US-Amerikanern habe ich
das positive Denken und den Glauben, dass man alles schaffen kann. Von den Italienern das Temperament, ich kann sehr emotional werden. Und von den Deutschen Ordnung, Struktur und Disziplin.“ Es sind ganz sicher nicht die schlechtesten Voraussetzungen, um im Profi-Geschäft erfolgreich zu sein.
Profis
   SPIELFELD TSG HOFFENHEIM
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Im Luftkampf kaum zu bezwingen: Pellegrino Matarazzo, hier im Spiel gegen die U23 des FC Bayern. Der junge Philipp Lahm (l.) staunt fast ehrfürchtig über die Sprunggewalt des 'Riesen' Matarazzo.




















































































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